Kommentar: Ausgepingt

Ich bin ein Apple-Fanboy. Allerdings immer erst ein bisschen später als andere: Meist bin ich zunächst etwas skeptisch, wenn Apple etwas Neues auf den Markt wirft. Sage: „Braucht doch kein Mensch.“ Und dann schwenke ich komplett um und frage mich, wie ich jemals vorher eine andere Meinung hatte haben können. So war es, als Apple 1998 mit dem Kugel-iMac das Diskettenlaufwerk abschaffte. So war es mit dem iPod. So war es mit dem iPhone. Und so wird es irgendwannn mit dem iPad sein, von dessen Sinn ich aktuell noch nicht so richtig überzeugt bin.

Bei Ping ist das zur Abwechslung mal nicht so.

Apples Versuch, mit Ping ein soziales Netzwerk aufzubauen, war für mich als Social-Media-Addict (Ihr findet mich bei XING, LinkedIn, Facebook und Twitter) von Anfang an eine großartige Idee. Sofort habe ich es in iTunes aktiviert. Habe ein paar Tage damit herumgespielt. Und dann habe ich es eben gerade wieder deaktiviert. Was für ein bescheuerter Riesenunfug!

Ping ist kein Social Medium

Wer glaubt, dass es sich bei Ping überhaupt um ein soziales Netzwerk handelt, der irrt. Ping ist kein Social Medium. Dafür fehlen wesentliche Interaktionsmöglichkeiten, etwa die Möglichkeit, direkt mit anderen zu kommunizieren (Chat, Nachrichtenversand etc.), Mitglieder einander vorzustellen und ähnliches mehr. Ping ist in Wahrheit nichts weiter eine Kaufempfehlungsmaschine. Ping hat das (natürlich legitimen) Ziel, den Umsatz des iTunes Stores weiter zu erhöhen. Aber mehr nicht.

Wer sich ein bisschen mit Marketing auskennt, der weiß, dass die Empfehlung eines Produkts von einem persönlich Bekannten viel, viel mehr wert ist, als wenn ein beliebiger Prominenter oder gar namentlich unbekannte Irgendjemands dasselbe Produkt bewerben. Denn einem Bekannten oder gar einem Freund, der mir etwas empfiehlt, vertraue ich mehr als dem Produktanbieter direkt. Im Volksmund heißt das Mund-zu Mund-Propaganda, im Branchen-Blähsprech Empfehlungsmarketing. Dieses Empfehlungsmarketing ist hochgradig effektiv. Wer das weiß, kann damit wirksam sein Geschäft beleben. In meinem Beruf als selbstständiger Grafiker mit Kernkompetenz auf Corporate Design gewinne ich etwa 80 Prozent meiner Neukunden über die Empfehlung von bestehenden Kunden – und nur 20 Prozent des Neugeschäfts muss ich mühsam, zeitaufwendig und kostenintensiv selbst akquirieren.

An Empfehlungsmarketing ist nichts verwerflich. Aber Ping kann zum jetzigen Zeitpunkt gar nichts anderes. Es ist in dieser Ausbaustufe reine Zeitverschwendung, es sei denn, man will unbedingt mehr Geld für Musik ausgeben.

An Ping habe ich aber noch mehr auszusetzen. Es läuft ausschließlich im geschlossenen System iTunes – nicht etwa in einem Browser. Das ist natürlich typisch Apple, aber wozu machen die das ausgerechnet bei einem Social Network? Ach, ich vergaß: Es ist ja gar kein Social Network. Es fehlen – das habe ich schon erwähnt – grundsätzliche Social-Media-Funktionen. Was mich aber besonders stört: Wenn ich schon bei Apple für Umsatz sorge, indem ich als Kaufempfehlungsgeber für meine Freunde fungiere, dann will ich dafür wenigstens was haben. Ich kriege aber – gar nichts. Keine Umsatzbeteiligung, keinen mobile.me-Freimonat, keine Gutschriften auf mein iTunes-Konto, keine Rabatte, keine Bonuspunkte – nichts, nichts, nichts. Wieso sollte ich an Ping teilnehmen?

Es hat sich ausgepingt. Schon nach ein paar Tagen. Apple muss nachbessern, um mich von dem Ding zu überzeugen. Und zwar massiv.

Ping deaktivieren

Wenn man dann Ping deaktivieren will, stellt man fest, dass es dafür keine direkt sichtbare Option gibt – es gibt auch kein Support-Dokument. Apple schweigt sich einfach über diese Funktion aus. Das hat man sich wohl ganz gut bei Facebook abgeguckt, wo die Aussteiger-Funktion ebenfalls gut versteckt wird. Ich habe 20 Minuten lang gegoogelt, bis ich die Lösung fand:

Die Deaktivierung von Ping befindet sich in den Apple-Account-Daten, die man erreicht, indem man rechts oben im iTunes Store auf seine E-Mail-Adresse klickt und sich dann mit seinen Daten anmeldet.