Neues Blizzard-Spiel Overwatch kommt nicht für den Mac – ein Kommentar

Die BlizzCon ist die Hausmesse des Entwicklers Blizzard. Dieses Jahr gab es neben tollen Ankündigungen wie die nächste World-of-Warcraft-Erweiterung und dem Trailer zum kommenden Warcraft-Film für Mac-Gamer leider auch eine große bittere Pille zu schlucken. Blizzard arbeitet derzeit an einem neuen Egoshooter namens Overwatch, dessen Beta-Phase jetzt für Windows angekündigt wurde. In den FAQs auf der offiziellen Webseite zum Spiel wurde auf die Frage nach einer Beta für den Mac geantwortet, dass man nur für Windows-PCs entwickle und daher keine Mac-Beta zur Verfügung gestellt werden wird.

Q. Will Mac users be able to participate in the beta?
A. We’re developing Overwatch for Windows-based PCs only, so a Mac-specific beta will not be provided.

Da diese Aussage nicht ganz eindeutig ist – wird es nur keine Mac-Beta geben oder wird es Overwatch gar nicht für den Mac geben – kochten die entsprechenden Foren und Reddits über mit Nachfragen von Mac-Gamern und Blizzard-Fans. Die typischen Troll-Kommentare einiger Windows-Nutzer waren da nicht sehr hilfreich.

Immerhin unterstützt Blizzard die Mac-Plattform seit 1994. Die Spiele der letzten Jahre – Warcraft III, World of Warcraft, Diablo 3, Starcraft 2 etc. – erschienen immer zeitgleich für Mac und Windows. Daher konnte man im Vorfeld davon ausgehen, dass dies auch bei neuen Blizzard-Spielen der Fall sein würde.

Jeff Kaplan, Chefentwickler bei Blizzard (Bildrechte: Blizzard)
Jeff Kaplan, Chefentwickler bei Blizzard (Bildrechte: Blizzard)

Leider hat Jeff Kaplan, einer von Blizzards obersten Entwicklern, einem Bericht von Polygon zufolge nun bestätigt, dass der Egoshooter Overwatch für Windows, PS4 und Xbox One erscheinen wird. Eine Mac-Umsetzung sei nicht geplant. Es sei aufgrund der Anforderungen des Spiels und der in den Macs verbauten Technik zu schwierig, den Mac zu unterstützen.

Currently with the technology behind Macs and the way Overwatch runs it’s just too challenging for us at this point to support it. Our focus right now is entirely on PC, Xbox One and PlayStation 4.

Das ist nach einer langen Tradition von tollen Blizzard-Spielen für den Mac natürlich ein herber Rückschlag für Blizzard-Fans mit einem Computer von Apple. Auch wenn Kaplans Formulierung „right now“ noch ein Hintertürchen für eine spätere Mac-Umsetzung offen lässt, kann man nur spekulieren, dass dies ein dunkler Tag fürs Gaming am Mac im Allgemeinen ist. Denn eine böse Vorahnung lässt mich unruhig werden: Was ist mit anderen in Zukunft erscheinenden Blizzard-Titeln? Werden diese wie Overwatch auch nicht mehr für den Mac erscheinen? Wenn schon der „Haus- und Hoflieferant“ von Top-Mac-Spielen die Unterstützung einstellt, liegt etwas ganz im Argen.

CPU: Topp, GPU: Flopp

Was ist also das Problem? Hat Blizzard das Entwickeln für OS X verlernt? Sicher nicht. Der beste Beweis sind die anderen Titel des Entwicklers: World of Warcraft, Diablo 3, Starcraft 2, Hearthstone, Heroes of the Storm – allesamt für Mac verfügbar.
Gut, Overwatch gehört zu den Ego-Shootern, einem Genre, das die höchsten Anforderungen an die Hardware stellt. Und damit haben wir die Ursache auch schon eingekreist. Apple verbaut in den meisten seiner Macs Notebook-Technik, die insbesondere auf Energieeffizienz und lange Akkulaufzeit ausgelegt ist. Während die CPUs und die Speicherausstattungen der aktuellen Macs durchaus mehr als ausreichend für anspruchsvolle Spiele sind, sieht es bei den Grafikchips schon ganz anders aus. Abgesehen vom Mac Pro – der nun wahrlich nicht fürs Gaming konzipiert und dafür auch etwas überteuert ist – werkeln in jedem Mac Grafikchips von Intel. Diese Chips zwacken sich immer vom deutlich langsameren System-RAM einen Teil ab, anstatt wie dedizierte Grafikkarten von AMD oder Nvidia schnellen Grafikspeicher zu nutzen. Neben der Speicherproblematik sind „echte“ Grafikkarten deutlich leistungsstärker als die „Hilfs-Grafikprozessoren“ von Intel.

Problem: Apples Effizienzpolitik

Nur die teuren Top-Modelle von MacBook Pro und iMac haben neben den Intel-Chips leistungsstarke Grafikkarten verbaut und hier auch nur die niedriger getakteten Notebook-Varianten. Warum sollte also ein Entwickler seine Energie und sein Geld darauf verwenden, an einer Mac-Version zu arbeiten, die nur ein verschwindend kleiner Bruchteil der Anwender (der mit einem Top-iMac oder -MacBook-Pro) überhaupt nutzen kann?
Schuld an der Situation hat also Apple. Wieso um Himmels Willen verbaut Apple so gut wie keine echten Grafikkarten mehr? Dafür gibt es zwei Gründe.
Zum einen erfordert die kompakte, sehr dünne Bauweise von iMac, MacBook und Co die Nutzung von Komponenten, die sehr klein und sehr energieeffizient sind – die also wenig Abwärme produzieren. Für die energieverschlingenden und Grilltemperatur erreichenden Grafik-Lösungen von AMD und Nvidia ist in den edlen und kompakten Mac-Gehäusen ebenso wenig Platz wie für die ebenfalls erforderlichen Kühllösungen wie Windmühlen-große Lüfter oder gar Wasserkühlsysteme.

Keine Ahnung von Spielen

Doch ein anderer Aspekt ist noch viel schwerwiegender und könnte dem Mac eine düstere Spielezukunft bescheren. Computerspiele interessieren Apple schlicht und einfach nicht. Das war unter Steve Jobs schon so und bei Tim Cook ist es nicht besser geworden. Als Gegen-Argument könnte man anführen, dass der App Store das Feld für eine Unzahl an Spielen (für iPhone, iPad und iPod touch) bereitet hat. Auch beim just erschienenen Apple TV der vierten Generation sind Spiele eines der Hauptargumente für die Settop-Box. Ich selbst sehe das Apple TV als direkten Konkurrenten zu Nintendos Wii U. Doch Apple hatte mit der Einführung des App Stores nicht die Verbreitung von Spielen, sondern von Anwendungssoftware als Verkaufsargument für das iPhone im Sinn. Und überdies ist Spiel nicht gleich Spiel.

Casual vs. Core Gaming

Während Entwickler wie Blizzard eher die Core-Gamer im Auge hat, will Apple die breite Masse ansprechen, also auch Menschen, die von hause aus keine Gamer sind, aber einem Casualspielchen à la FarmVille oder Bubble Witch Saga nicht abgeneigt sind. Davon gibt es für iPhone, iPod touch und iPad weit mehr als genug – in allen Qualitätsstufen. Viele sind am Anfang auch ganz witzig, verlieren aber schnell ihren Reiz oder werden durch notwendige In-App-Käufe ganz schnell sehr teuer. Echte Spiele-Perlen wie XCOM oder Transistor machen nur einen ganz geringen Bruchteil des Angebots im App Store aus.

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Bei Mac-Spielen ist es (derzeit noch) anders. Hier gibt es jede Menge Core-Games. Bioshock Infinite, Civilization V, The Book of Unwritten Tales 2 oder World of Warcraft sind nur einige wenige Beispiele für den großen Markt an tollen Mac-Spielen. Der Casual-Games-Bereich ist hier deutlich kleiner. Das könnte sich mit Apples Energieeffizienz-Politik und den aus diesem Grund verbauten schwachbrüstigen Grafikchips ändern.

So sehr ich die Reduzierung des Energieverbrauchs der aktuellen Macs auch begrüße, aber selbst mein erster Mac, ein iBook mit G3-Power-PC-Prozessor, hatte eine echte Grafikkarte verbaut. Auf der einen Seite besitzen Macs heute 4K- und 5K-Bildschirme, auf der anderen Seite wird die Grafikleistung auf ein Minimum reduziert. Irgendwie passt das nicht zusammen.

Ist Metal die Rettung?

Nun könnte man argumentieren, dass mit der Einführung der Metal-Schnittstelle als OpenGL-Ersatz in OS X 10.11 die Grafikleistung eines Mac gesteigert wird und so keine dedizierte Grafikkarte erfordert. Allerdings muss sich Metal erst einmal im „Feldeinsatz“ beweisen und zeigen, ob es wirklich etwas kann oder ob die Vorteile gegenüber OpenGL nur theoretischer Natur sind. Bislang ist kein Mac-Spiel mit Metal-Unterstützung erschienen, auch wenn viele Entwickler und Spiele-Engine-Entwickler – unter anderem auch Blizzard – auf der WWDC 2015 ihre Unterstützung für die API zugesagt hatten. Vielleicht war aber die Entwicklung von Overwatch einfach schon zu weit fortgeschritten, um die Metal-API einbauen oder auch nur testen zu können.

Zukunft des Mac-Gamings

Wie wird es nun mit dem Mac weitergehen? Hier gibt es drei Möglichkeiten.

Möglichkeit Eins: Apple verbaut in den nächsten Mac-Modellen wieder vermehrt leistungsstarke Grafikkarten, die auch aktuelle Action-Titel ohne Probleme verarbeiten können. – wenig wahrscheinlich

Möglichkeit Zwei: Die Metal-API erweist sich als Segen und macht den Intel-Grafikchips richtig Beine. Und Blizzard veröffentlicht Overwatch doch noch für den Mac. – ungewiss

Möglichkeit Drei: Wir spielen in Zukunft auf dem Mac nur noch Casual-und Indie-Games, die wenig leistungshungrig sind. Für leistungshungrige Actiontitel steht dann eine Windows-Maschine bereit. – nicht erstrebenswert

Ich liebe zugegebenermaßen Indie-Games, weil sie im Vergleich zu großen Studio-Produktionen viele neue Ideen umsetzen und frischen Wind ins Gaming bringen. Auch viele Casual-Titel spiele ich sehr gerne,. Aber eine Welt ohne Borderlands, World of Warcraft, Bioshock oder XCOM auf dem Mac ist wenig erstrebenswert. Was meint Ihr?

Übrigens: Die größten Zuwachsraten im Gaming hat derzeit die Linux-Plattform. Ein Vorteil für die Linux-Freunde dürfte die Hardware sein, die sich grundsätzlich nicht von der für Windows unterscheidet. Nicht umsonst setzen die aufs Portieren von Spielen für den Mac spezialisierte Publisher Feral Interactive und Aspyr immer mehr Spiele für Linux um. So wie es aussieht, wird der Mac im Spielemarkt von Windows und Konsolen immer mehr abgehängt und Linux setzt bereits zum schnellen Überhol-Manöver an.

Ach, Apple…