Gameloft gibt Ausblick auf 2012

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Der Markt für mobile Spiele ist ziemlich unübersichtlich. Etliche kleine Entwickler vermarkten ihre Spiele direkt im iTunes App Store, aber auch einige große Fische tummeln sich im Teich. Einer dieser großen Fische ist Gameloft. Gameloft hat in den 1990er Jahren damit begonnen, Spiele auf Java-Basis zu entwickeln, die dann auf Hunderten von Telefonmodellen liefen. Schon vor einigen Jahren ist das Unternehmen im iTunes App Store angekommen, seit Kurzem auch im Mac App Store.

Um die Presse, zu der sich macinplay offenbar rechnen darf, über die aktuellen Entwicklungen zu informieren, lud das Unternehmen uns zu seiner Presse-Roadshow ein. Wir folgten dem Ruf nach Köln und erlebten einen entspannten Nachmittag mit Gregory Wintgens, der der PR-Manager für Deutschland ist, und Jean-Baptiste Godinot, der die Region Mittel- und Osteuropa insgesamt verantwortet.

Mit erstaunlichen Zahlen warteten die beiden auf: Im vierten Quartal 2011 setzte Gameloft 47 Millionen Euro weltweit um (30 Prozent davon in Europa), davon machen aber insgesamt nur 41 Prozent Umsätze auf Smartphones oder Tablets aus. Noch immer sind viele Java- oder Browser-Spiele Umsatzbringer. Das wirkliche Wachstum aber erlebe Gameloft sehr wohl auf dem Markt der Smartphones, namentlich iOS und Android.

Dabei macht sich die Politik des Hauses, Games schon nach relativ kurzer Zeit im Preis drastisch herabzusetzen, durchaus bezahlt. Wenn der Preis sinke, gebe es einen signifikanten Ausschlag bei den Verkäufen. Das mache sich finanziell bemerkbar, aber auch in den Charts, und wer in den Charts oben steht, der verkaufe automatisch mehr. Der Zeitpunkt des Herabsetzens, so Gameloft, sei allerdings von Spiel zu Spiel unterschiedlich – sobald das Interesse an einem Spiel erlahmt, wird der Preis gesenkt, um die Nachfrage noch einmal in Gang zu setzen.

Im Jahr 2011 hat Gameloft 23 neue Spiele für iOS* herausgegeben, davon laufen elf unter der Bezeichnung »Freemium«, und jeweils sechs sind entweder aus der Kategorie »Premium« oder »Paymium«. »Paymium« ist dabei der neue Gameloft-eigene Euphemismus für »In-App-Kauf«, also ein Spiel, bei dem ergänzende Module innerhalb des Spiels hinzugekauft werden können. Die fehlende Trennschärfe zu »Freemium« ist Anlass für Verwirrung und Ärger, und Gameloft selbst weiß darum und versprach, hier für deutlichere Kommunikation zu sorgen. Dazu später mehr. Außerdem veröffentlichte das Unternehmen im letzten Jahr noch 15 Spiele für Mac OS X*.

Gamelofts klassische Zielgruppe bestand bisher aus einer deutlich männlichen Gruppe von sogenannten Core Gamern, also Leute, die um des Zockens willen zocken, nicht um Casual Gamer, für die ein Spiel zum Beispiel die Wartezeit auf den Bus verkürzen oder den Toilettenaufenthalt angenehmer gestalten soll. Doch in genau diese Gruppe von Casual-Gamern will Gameloft hineinwachsen. Daher werde es ab Sommer 2012 neue Casual-Titel vom Schlage eines »Block Breaker 3«* geben.

Entsprechend wird 2012 der Casual-Markt mit 59 Prozent der Neuerscheinungen stärker bedient werden als 2011 (26 Prozent mehr). Der Anteil der rein männlichen Zielgruppe soll dabei von 64 auf 53 Prozent sinken. Um die neue Zielgruppe auch in den Social Media genauer ansprechen zu können, baut Gameloft derzeit eine neue, zweite Facebook-Community auf, die vornehmlich dazu dienen soll, dass sich Core- und Casual-Gamer nicht ins Gehege kommen. Diese neue Community kommt in ein paar Wochen.

Knackpunkt Freemium

In der Spiele-Community hat sich der Begriff »Freemium« zum Hassobjekt gemausert. Freemium ist laut deutscher Wikipedia »ein Geschäftsmodell, bei dem Basisdienste gratis angeboten werden und für weitere Dienste ein Preis verlangt wird. Freemium ist ein Kunstwort, bestehend aus free (gratis) und premium.« Anlass der Kritik sind als ziemlich überdreht wahrgenommene Preise für In-Game-Geld. So verlangt Gameloft bis zu 80 Euro für virtuelles Geld innerhalb eines mobilen Spieles – ein Vielfaches dessen, was andere Anbieter etwa für ein ebenso oft inhaltlich aktualisiertes Vollpreis-PC-/Mac-Spiel verlangen.

Entsprechend oft sollten wir Gameloft auch Fragen stellen wie zum Beispiel die von @audaX19: »Wann wird endlich dieses kundenunfreundliche Freemium-Modell abgeschafft?« oder die von @bluecougar: »Wie kommen diese Mondpreise zustande?«

Um es verkürzt zu sagen: Gameloft denkt nicht daran, das Freemium-Modell abzuschaffen, im Gegenteil soll es stärker genutzt werden. Es wäre wohl auch wirtschaftlich bekloppt, darauf zu verzichten. Einerseits verdient Gameloft daran sein Geld, andererseits kann es mit diesem verdienten Geld neue Spiele entwickeln. Um die 4.000 Entwickler arbeiten derzeit weltweit für den Publisher.

Allerdings ist sich Gameloft bewusst, dass Freemium nicht unumstritten ist und gibt sich einsichtig. »Wir haben Fehler gemacht«, sagt Wintgens. »Die sollen sich nicht wiederholen.« Als Beispiel nennt er das desaströse »Dungeon Hunter 3«*, in dem sich Gameloft von der bewährten Spielewelt der Vorgänger komplett verabschiedet hat, um Freemium- Funktionalität einbauen zu können. Neue Spieler finden das Spiel sehr gut, aber die Spieler der Vorgänger goutierten diesen Switch im Gameplay überhaupt nicht. »Wir hätten das Spiel einfach anders nennen sollen, dann wäre alles gut gegangen«, vermutet Wintgens. So geschah es dann beim GTA*-Klon »Urban Crime«*: Eigentlich handelt es sich um einen Teil der »Gangstar«*-Serie, doch um deren Core-Fans nicht zu verprellen, bekam das Spiel einen anderen Namen und damit eine leicht andere Zielgruppe – und nun sind beide Serien höchst erfolgreich. Statt dessen hätte »Urban Crime« auch »Gangstar Free« heißen und zum Hassobjekt der Fans mutieren können. »Wir befinden uns in einem Lernprozess«, so die beiden Gameloft-Manager, »und aus unseren Fehlern wollen wir lernen.«

Casual Games werden als Freemium-Variante problemlos von den Spielern akzeptiert. Nun ist für Gameloft die Frage, wie man das lukrative Vermarktungskonzept auf die Core-Spielprinzipien übertragen lassen, während man gleichzeitig den gewohnt hohen Level für die Core-Gamer hält?

Gameloft setzt auf eine klarere Kommunikation. Darum teilt man seine Spiele ab 2012 in vier Kategorien auf (in Klammern entsprechende Beispiele aus dem Jahr 2011):
Casual Games mit festem Preis (»Block Breaker 3«*)
Casual Games Freemium (»Fishing Kings Free+«*)
Freemium Games für Core Gamer (»Six Guns«*)
Paymium Games für Core Gamer (»Modern Combat 3: Fallen Nation«*)

Technisches

Das soziale Netzwerk für Gameloft-Online-Spiele, »Gameloft LIVE«, das in Konkurrenz zu OpenFeint und Apples Game Center tritt, besitzt bereits sieben Millionen registrierte Nutzer. Eine eigene iOS-App soll noch im ersten Quartal 2012 erscheinen und mehr Funktionen bereithalten, damit ein wirkliches soziales Netzwerk entstehen kann, das dann noch mehr Nutzer anzieht. Warum Gameloft seinen Spielern nun noch die dritte App zur Verwaltung von Spielstatistiken zumutet, konnte der Gameloft-PR-Mann nicht erläutern, außer mit dem obligatorischen »aber wir wollen cooler sein als die anderen«. Dieses Argument war schon bescheuert, als Apple es mit seinem Game Center versuchte. OpenFeint reicht vollkommen aus.

Die Lead-Plattform für die Entwicklung von iOS-Spielen ist bei Gameloft derzeit das iPad. Daher werden die Titel auch allesamt als Universal-App ausgeliefert, also als eine App, die sowohl für iPad als auch iPhone nutzbar ist. Ausnahmen mögen hier gelegentlich Titel bilden, die in Lizenz produziert werden – hier könne es aus rechtlichen Gründen noch dazu führen, dass separate iPhone- und iPad-Versionen zu kaufen sind. Gameloft jedoch will sich nach Möglichkeit mehr auf Eigenentwicklungen fokussieren – immerhin müssen die 4.000 Entwickler auch beschäftigt sein.

Aktuell arbeite man mit Hochdruck daran, ältere Spiele auf den iOS-5-Standard anzupassen. Dabei werden erfolgreichere Titel naturgemäß schneller auch an neue Soft- und Hardware-Möglichkeiten, etwa Retina-Auflösung, Airplay, iCloud-Integration und ähnliches angepasst. Bei der Neuentwicklung von Spielen berücksichtige man aktuell jedoch noch immer das iPhone 3Gs und seine mittlerweile eingeschränkten Möglichkeiten.

iOS-Spiele in der Pipeline

Natürlich wollte sich niemand offiziell zu konkret in Entwicklung befindlichen Spielen äußern, aber einige Infos gab es dann doch. Ein Nachfolger für »Tom Clancy’s H.A.W.X.«* sei zum Beispiel nicht geplant, dafür sei ein Story-getriebenes Rollenspiel ähnlich wie »Dungeon Hunter 2«* in der Mache. Und da die »Order & Chaos«*-Marke zum Erfolgreichsten gehöre, was Gameloft derzeit mache, könne man hier nicht nur erwarten, neue Inhalte zu bekommen, sondern »dass mit der Marke noch was passiert« – soll wohl heißen: Spin-off, Neuauflagen oder ähnliches.

Mac OS X

Die 15 Mac-Spiele, die Gameloft letztes Jahr herausgegeben hat, sind ein ziemliches Trauerspiel. Auch wenn das Gameplay oftmals toll sein könnte, so merkt man doch an allen Ecken und Enden, dass es sich oftmals nur um aufgeblasene iOS-Software handelt. Und genau das ist es auch, bestätigen die Gameloft-Leute. Der Mac ist eine Art Nebenkriegsschauplatz – man nimmt mit, was man kann und sammelt dabei Erfahrungen. Zum Beispiel die, dass die Spieler unzufrieden sind mit der Mac-Umsetzung des an sich genialen »Asphalt 6: Adrenaline«*, vor allem deshalb, weil es keine Möglichkeit gibt, das Spiel am Mac mit einem Gamepad oder Lenkrad zu steuern. Ja, dieser Wunsch der Games-Community sei bekannt, sagt Gregory Wintgens, und man habe ihn an die Entwickler weitergegeben. Die meldeten sich daraufhin mit »wir denken drüber nach«, was so viel heißt wie: zu viel Aufwand. Gleiches gilt für die Grafik an sich – die Charaktere aus »Gangstar«*, die auf dem iPhone-Schirm toll aussehen, »machen auf dem Mac-Bildschirm den Eindruck tapezierter Spanplatten mit Botox-Abo« (Zitat unseres Chefredakteurs David). Daran wird sich wohl nichts ändern.

Einige der Mac-Spiele sind zudem teurer als ihre iOS-Geschwister, was regelmäßig für Verwirrung sorgt, da etliche andere den gleichen Preis im iTunes App Store und im Mac App Store haben. Das liegt daran, dass sie mit größerem Aufwand (und besserer Grafik) von der PlayStation 3 portiert worden sind und sich dieser Aufwand im Preis niederschlägt.

Fazit

Gameloft hat eine Menge vor – der verstärkte Eintritt ins Casual-Geschäft wird den Fokus etwas von den bisherigen Märkten fortbewegen. Ob und welche Spiele davon es auf den Mac schaffen, bleibt abzuwarten, ebenso wie sich die bisher eher mäßige Mac-OS-Umsetzungsqualität entwickelt. Wir werden die Entwicklung aufmerksam verfolgen und Euch regelmäßig informieren.

PS

Wer wissen will, wie wir Presse-Fuzzis von Gameloft bei der Veranstaltung versorgt worden sind, der schaue mal hier vorbei.

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