ATI Radeon 9800 Pro Mac Special Edition

Ich habe ihn: Den leistungsfähigsten Spiele-Mac in Deutschland. Zumindest zum Zeitpunkt dieses Tests, zumindest nämlich bis die neuen G5 mit bis zu 2 x 2,5 GHz lieferbar sind. ATI stellte uns freundlicherweise eine Radeon 9800 Pro Mac Special Edition zum Test zur Verfügung, und die werkelt nun in meinem 2 GHz-Dual-G5.

Unterschiede 9600 Pro, 9800 Pro und 9800 Pro Special Edition

Mein G5 kam von Haus aus mit einer Radeon 9600 Pro mit 64 MB Videospeicher. Diese Karte nutzt den RV350-Chip mit vier Rendering-Pipelines, daran ist der Speicher über ein 128 Bit-Speicherinterface angeschlossen. Ihr großer Bruder, die Radeon 9800 Pro, basiert auf dem R350 mit acht Rendering-Pipelines, deren Speicher über ein 256 Bit-Speicherinterface angeschlossen ist. Die 9800 Pro Special Edition wiederum nutzt ebenfalls den R350 mit acht Rendering-Pipelines, hat aber ein anderes PCB. PCB steht für „Printed Circuit Board“ und bezeichnet die Platine (Steckkarte) an sich, auf der die Speicherchips, der Grafikchip und die anderen Bauteile der Grafikkarte aufgebracht sind.

Im PC-Markt gibt es auch eine Radeon 9800 SE (ohne Pro), die allerdings niedriger als die Pro-Version getaktet ist. Da besteht einige Verwechslungsgefahr, denn im fast unüberschaubaren Dschungel an Windows-kompatibler Grafik-Hardware gibt es noch mehr so kryptische Abkürzungen. So hat NVIDIA XT-Modelle im Angebot, die sind aber ebenfalls langsamer getaktet als die normalen Versionen. Die ganzen Abkürzungen, die uns Wunder was vorgaukeln sollen, sind also mit einiger Vorsicht zu genießen.

Wir Macianer erfreuen uns der geringen Zahl angebotener Varianten. Die 9800er-Serie gibt es aktuell in drei verschiedenen Ausführungen:

– 9800 Pro (Retail)
– 9800 Pro (BTO)
– 9800 Pro Mac Special Edition (Retail)

Für die neuen G5, die derzeit ihrer Auslieferung harren, folgt dann die 9800 XT, die sich lediglich durch eine höhere Taktung von den Pro-Modellen unterscheidet.

Während sich die Retail-Version der 9800 Pro mit einiger Bastelei (wegen eines mitgelieferten separaten Stromanschlusses) auch in G4-Macs verbauen lässt, passen ihr Build-to-Order-Geschwister aus dem AppleStore und die Special Edition ausschließlich in G5-Macs hinein; letztere beiden Karten nutzen den AGP 8x Pro-Port der G5, der mit dem für sie nötigen Strom versorgt wird.

Wichtig ist nicht, dass es sich in den G5 nicht um einen AGP 8x-Port handelt, sondern um einen AGP 8x PRO-Port, denn nur die AGP Pro-Spec mit entsprechendem AGP Pro-Port erlaubt die bessere Stromversorgung. Ein AGP 8x-Port (normal) könnte diese Karten also nicht versorgen, ein AGP 4x Pro-Port (den es im PC-Workstationmarkt gibt) aber durchaus.

Die Special Edition kann wegen des AG Pro-Ports neben einem DVI-Ausgang auch einen Apple Display Connector bereit stellen, der es ermöglicht, einen dafür geeigneten Monitor über nur ein einziges Kabel mit Strom, Videosignal und USB-Signal zu versorgen.

Mit dem ADC und den dazugehörigen Kontakten und deren Platzierung durch den AGP Pro-Slot gab es einige Verwirrung, weil die „ADC-Kerbe“ beim G5 woanders sitzt als in den G4-Rechnern. Das führt dazu, dass z. B. eine Radeon 8500 oder Radeon Mac Edition in einen G5 passt, eine Radeon 9000 aber nicht. Neben diesen beiden Anschlüssen bietet die Karte keine weiteren Aus- oder Eingänge. Entsprechend dürftig ist auch der Lieferumfang: Außer der Karte liegt lediglich ein (veraltetes) Handbuch mit einer (veralteten) Treiber-CD sowie ein DVI-VGA-Adapter bei.

Für die normale 9800-BTO-Karte gibt es bei Apple einen Adapter, mit dem man über den DVI-Ausgang ein S-Video-Signal abgreifen kann, somit also die BTO-Karte ein Bild an einem Beamer oder Fernseher ausgeben kann. Da hat die BTO-Karte also einen klaren Vorteil. Ob der Adapter auch an der SE funktioniert konnte ich mangels Adapter allerdings nicht testen.

Während die BTO-Version der 9800 Pro leicht niedriger als die Retail-Version getaktet ist, ist der offensichtliche – und einzig echte – Unterschied zwischen 9800 Pro (Retail) und Special Edition lediglich der Speicher: die eine kommt mit 128 MB, die andere mit 256 MB. Daher lest bitte den ausführlichen Test zur Radeon 9800 Pro, der schon seit einiger Zeit verfügbar ist: mip-Testbericht „ATI Radeon 9800 Pro“; dort finden sich auch Benchmark-Erfebnisse, die ich mir hier einfach schenke.

Speicher kostet heutzutage nicht mehr viel, also kann man mit ihm aasen, um ein Verkaufsargument nach dem Motto „Meiner ist länger“ zu generieren. Lohnt es sich also, den Aufschlag auf die Special Edition zu zahlen, um weitere 128 MB Videospeicher zu haben? Die Antwort ist: Nein, es lohnt sich nicht.

Warum das so ist ist leicht zu verstehen: Der Speicher auf Grafikkarten dient in erster Linie dazu, Texturen abzulegen und sie parat zu haben, sobald sie gebraucht werden. (Was Texturen sind, könnt ihr in unserem Lexikon nachlesen.)

Natürlich sind die Texturen moderner 3D-Spiele riesig. Sie belegen oft gigantische Volumina an Platz auf der Festplatte, im Falle von „Call of Duty“ zum Beispiel ein gutes Gigabyte, bei „Unreal Tournament 2004“ sogar fast drei Gigabyte. Diese Unmenge an Daten wird jedoch niemals gleichzeitig abgerufen. Für jeden einzelnen Level werden dramatisch wenige Texturen aus diesem riesigen Pool benötigt, oft nur wenige MB, die dann im Texturspeicher lagern. Durch technische Tricks wie Mip-Mapping wird die maximal benötigte Menge an Texturen noch einmal reduziert und der Arbeitsspeicher entlastet.

Es gibt sogar eine in Hardware implementierte Texturkompressionstechnik, die schon in der Prä-Radeon-Ära eingeführt wurde und zusätzlich hilft, zudem entwickeln die Grafikchiphersteller in jeder Generation neue Tricks und Techniken, um die Speicherbelastung zu verringern, weil das neben der besseren Nutzung des vorhandenen Speichers auch noch die allgemeine Performance erhöht.

Beim derzeitigen Stand der Mac-Spiele ist sogar fraglich, ob eine 128-MB-Karte wirklich notwendig ist, oder ob nicht eine angemessen schnelle Grafikkarte mit 64 MB völlig ausreichend ist. Wenige aktuelle Mac-Spiele nutzen überhaupt die Möglichkeit, 64 MB Texturen gleichzeitig im Speicher zu halten, „Neverwinter Nights“ ist so ein Kandidat. Mehr Speicher wird jedoch nicht benötigt, weil einfach nicht mehr Texturen abgerufen werden.

In Zukunft werden neue Spiele natürlich mehr Texturen gleichzeitig abrufen (auf dem Windows-PC aktuell etwa „Söldner“ oder „Far Cry“), aber ehrlich gesagt wird niemand ernsthaft auf die Idee kommen wollen, die nächste oder gar übernächste Generation Spiele auf heute aktuellen Computern mit heute aktuellen Grafikchips spielen zu wollen.

Sorgenkind Einbau

Ich habe schlimme Sachen über den Einbau der Radeon 9800 Pro gehört (und im veralteten Handbuch gelesen). Keine davon hat sich bewahrheitet, weil sie sich „nur“ auf G4-Macs bezogen – für die diese Karte gar nicht geeignet ist. Dafür trat ein anderes Problem auf: Die Karte ist am hinteren Ende einen halben Millimeter zu kurz. Man bekommt die Metallverblendung zwar ordnungsgemäß eingesteckt, kann sie jedoch nicht festschrauben. Das Ergebnis ist ein hin und her wackelnder Monitoranschluss. Abgesehen von der Irritation, die das bei mir hervor gerufen hat („Bin ich zu blöd, ’ne Karte einzubauen?“) macht das aber nix, denn am Monitoranschluss zuppelt man ohnehin nicht zu oft herum. Meine Redaktionskollegen teilten mir im Übrigen mit, dass ihre Standard-9800er allesamt ordentlich gefertigt seien – nur meine Special Edition wackelt.

Sorgenkind Wärmeentwicklung

Die Karte wird ziemlich heiß. Nicht nur durch die eigene Hitzeentwicklung; auch die direkt unter ihr angeordneten zwei 2-GHz-Prozessoren strahlen trotz Kühlung und Trennwand zu den Steckplätzen natürlich Wärme ab, und Wärme steigt bekanntlich nach oben, also zur Grafikkarte. Dies hat zur Folge, dass die aktive Kühlung der Karte (also ein Lüfter) sich geräuschvoll zu Wort meldet, sobald die GPU beansprucht wird. Im Finder oder bei normalen Applikationen ist das eher selten der Fall, bei „Unreal Tournament 2004“ und „Call of Duty“ dagegen läuft der kleine Ventilator fast dauernd. Der Ventilator ist zwar relativ ruhig – verglichen mit der Lüftung in älteren Macs – aber im sehr stillen G5 fällt er dann doch auf, wenn vorher eine passiv gekühlte Karte wie etwa die Radeon 9600 Pro vorhanden war.

Der G5 ist bekanntlich ein kleiner Radiator. Bei mir zu Hause erhöht er die Temperatur eines 16 qm großen Raumes um etwa drei Grad. Im Ruhezustand wohlgemerkt. Gelegentlich, wenn ich den Rechner über Nacht einfach laufen lasse, schläft neben dem eigentlichen Rechner auch der Lüfter der Karte ein. Dadurch wird die GPU im brühwarmen G5 nicht mehr ausreichend mit Kühlung versorgt, und das bedeutet, dass die Karte kein Bild mehr von sich geben mag, wenn ich den Rechner wieder benutzen will. Man kann das beheben, indem man die Seitenverkleidung und die Kunststoffschale aus dem G5 herausnimmt – so sorgt man für Frischluft im Gehäuse. Der eventuell gleichzeitig auf Volllast springende Lüfter gehört übrigens nicht zur Grafikkarte, sondern zum G5. Nach einigen Sekunden der Frischluftzufuhr flackert das TFT erst, dann, nach fast einer Minute offener Seitenklappe, läuft es wieder rund. Jetzt kann die Kunststoffschale und die Seitenverkleidung wieder eingebaut werden. Ob die Karte langfristig Schaden an der starken Hitzeentwicklung im G5 nimmt, bleibt abzuwarten. Bei dem Preis, den die Radeon 9800 Pro Special Edition aber kostet, erwarte ich aber einen komplett autarken Temperaturfühler, der den Lüfter der Karte auch im Ruhezustand des Rechners steuert.

Da muss ATI nachbessern. So lange lasse ich hier mein Fenster auf Dauerlüftung.

Fazit:

Die neue Radeon 9800 Pro Mac Special Edition ist preisgemäß die neue Königin der Mac-Grafikkarten. Wer aber bisher eine Radeon 9800 Pro hatte, braucht sich wegen der neuen Special Edition nicht den Kopf zu zerbrechen, einen greifbaren Mehrwert hat diese nicht. Die BTO-Karte steht der SE auch in nichts nach und mag für manchen wegen des Video-Ausgangs sogar die bessere Wahl sein. Wer aber noch keine BTO-Radeon 9800 Pro hat, seinem G5 die ultimative Grafikpower gönnen möchte und ein ADC-Display betreiben will, ist mit der Radeon 9800 Pro SE gut beraten, erspart er sich so doch den ansonsten nötigen Adapter und bekommt zusätzliche 128 MB Grafikspeicher, die bei aktuellen Spielen allerdings noch brach liegen.

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