Abracadabra

Phelios ist ein Softwarehaus mit einer Mission. Leute aller Altersklassen mit qualitativ hochwertiger Spielesoftware zu versorgen – das hat man sich ganz groß auf die Fahne geschrieben. Nachdem jedoch zwei von bisher drei von mir getesteten Spiele aus dem Hause Phelios eben diese Qualität missen ließen, begegne ich dem vierten Titel »Abracadabra« mit Skepsis. Doch zum Glück geschehen noch Zeichen und Wunder – oder aber Zauberei. Denn »Abracadabra« ist besser als erwartet.

Das Spiel ist eine Mischung aus Jump ’n run und Puzzle. Simon, ein echter »Wizard« – nicht etwa ein »Sorcerer« – ist in einer schwierigen Situation: In einem Raum zusammen mit merkwürdigen, feuerspeienden Kreaturen eingesperrt, muss er den Schlüssel der Tür finden, die ihm den Ausgang versperrt. Warum sich Simon in dieser misslichen Lage befindet, erfahren wir leider nicht, dafür finden wir recht schnell heraus, dass er nach links und rechts laufen, springen und fallen kann. Letzteres natürlich nicht nach links und rechts, sondern in erster Linie nach unten. Außerdem verfügt er über die Fähigkeit, Mauerblöcke erscheinen und wieder verschwinden zu lassen. Wenn er genug magische Tränke zu sich genommen hat, kann er sogar mit Feuerbällen um sich werfen.

Kombiniert man nun all diese Fähigkeiten, lassen sich Mittel und Wege finden, um zum einen zu dem irgendwo im Raum liegenden Schlüssel und danach zur Tür zu gelangen. Meist bedeutet dies, eine ganze Menge Blöcke herbei zu zaubern oder verschwinden zu lassen, um euch den Weg zu den begehrten Items zu ebnen. Außerdem könnt ihr mit den Blöcken Gegnern den Weg versperren, sie vom Bildschirm beseitigen und Schutzwälle errichten – eurer Kreativität sind keine Grenzen gesetzt.

»Abracadabra« bietet einhundertundfünfzehn Level, eine ganze Menge Holz also. Der Weg zum Schlüssel und vom Schlüssel zur Tür ist dabei meist recht einfach zu bewältigen, schwierig wird es in der Regel erst dann, wenn ihr den Anspruch entwickelt, einen Level komplett leer zu räumen. In den Level liegen verschiedene Goodies verteilt, die beim Auflesen euer Punktekonto in die Höhe schnellen oder euer Portmonee anschwellen lassen. Schafft ihr es außerdem, eine gelegentlich auftauchende Fee aufzulesen, habt ihr nach Beendigung des Levels die Möglichkeit, euer gesammeltes Geld in einem Shop in Extra-Leben, besondere Fähigkeiten und andere Items zu investieren. Der Weg zu diesen Goodies wird meist von den bereits erwähnten, mit euch im Raum eingesperrten Monstern versperrt. Und hier wird es dann interessant: Es gilt zu erkennen, wie man möglichst gefahrlos an die Goodies herankommt, abzuwägen, ob die Aussicht, einen Punkteboost zu erhalten das Risiko, ein Leben zu verlieren, wert ist.

Erfreulicherweise sind die Level meist sehr unterschiedlich gestaltet. Auch wenn die Gegner weitestgehend gleich bleiben und nur selten ein neuer Gegnertyp auftaucht, kommt nur selten Langeweile auf. »Abracadabra« verzichtet auf alles, was euch in irgendeiner Art und Weise unter Druck setzen könnte. Es gibt kein Zeitlimit, dass euch beim Absolvieren eines Levels im Nacken sitzen würde. Solltet ihr mal das „Game Over“ auf dem Bildschirm sehen, dürft ihr mit einem der unendlich vorhandenen Continues dort weitermachen, wo ihr zuvor gescheitert seid. Ein bisschen merkwürdig finde ich, dass auf eine Highscore-Tabelle verzichtet wurde, obwohl Punkte berechnet werden. Eine solche Tabelle wäre bei »Abracadabra« eigentlich das berühmte »i«-Tüpfelchen gewesen.

Das Spiel lässt sich in drei Schwierigkeitsgraden spielen, sowohl absolute Anfänger wie auch fortgeschrittene Spieler sollten also auf ihre Kosten kommen können. Das Spiel ist ganz gut mit Tastatur zu steuern, allerdings besteht des weiteren die Möglichkeit, ein Gamepad anzuschließen. Ansonsten beschränken sich die Optionen auf das Lauter- bzw. Leiserstellen von Musik und Soundeffekten sowie eine Levelauswahl. Kein Zweispielermodus oder sonstiger Schnickschnack. Das Besondere an der Levelauswahl: Von Anfang an ist jeder der über 115 Level anwählbar.

»Abracadabra« ist optisch recht schlicht geraten. Ein Hintergrundbild, davor die Levelaufbauten und ein paar bewegte Sprites, das war es dann auch schon. Der Zauberer und die Gegner sind allerdings superputzig anzusehen und werden auf der »Haben«-Seite vermerkt. Das Spiel läuft in 640 x 480 Pixeln Bildschirmauflösung. Obwohl das Spiel komplett zweidimensional gehalten wurde und meine Augen nicht einen einzigen OpenGL-Effekt erspähen konnten, sind deutliche Geschwindigkeitsunterschiede auf verschiedenen Rechnern festzustellen. Auf einem PowerMac G4 mit 450 Mhz und einer 16MB VRAM Grafikkarte läuft das Spiel sichtbar schneller als auf einem iMac mit 500 Mhz G3 aber nur 8MB VRAM. Nun sollte an dieser Stelle erwähnt werden, dass der Hersteller zum Spielen einen mit 450 Mhz getakteten G4-Prozessor empfiehlt. Allerdings erschließt sich mir nicht, warum ein solches Spiel derartige Hardwareanforderungen stellen muss…

Die putzige Grafik wird von quirligen Soundeffekten unterstützt. Das eigentliche Highlight des Spiels ist jedoch die Hintergrundmusik. Die könnte im Prinzip auch zu einer klassischen Zirkus-Zaubervorführung laufen. Wobei ich zugeben muss: Ich war zunächst doch eher erschrocken, als mir beim ersten Start eine Trompete entgegen quietschte. Später jedoch erwischte ich mich immer wieder beim Mitpfeifen der sehr eingängigen und abwechslungsreichen Melodien. Die Musik ist dabei mit echten Instrumenten eingespielt worden. Ich habe zwar keine Ahnung, wo Phelios die Musik aufgetrieben haben, Fakt ist jedoch, dass sie damit einen echten Glückstreffer gelandet haben.

Fazit:

Ich staune: Mit »Abracadabra« ist Phelios seinem Anspruch, familiengerechte Computerspiel-Unterhaltung zu kreieren, gerecht geworden. Auch wenn das Spiel grafisch weit davon entfernt ist, »State of the Art« zu sein, sollte die schnucklige Optik jung und alt zu gefallen wissen. Aber »Abracadabra« lebt sowieso weniger von seiner Grafik als von seinem Leveldesign, das es versteht, erfahrene wie unerfahrene Spieler zu fordern. Neulinge beschränken sich erstmal darauf, Schlüssel und Ausgang zu erreichen, während sich Profis direkt auf die im Level verteilten Goodies stürzen. Abgerundet von der gelungenen Hintergrundmusik, stellt »Abracadabra« eine schöne Bereicherung auf der Festplatte des Familien-Macs dar.

Christian Schramm

Verfügbarkeit

Zu haben ist das Produkt bei Phelios.

Bilder (klicken für mehr)

[flickr album=72157623646635975 num=5 size=Square]

Habt Ihr eigene Bilder dazu? Schickt sie uns!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert