Dragon Age: Origins
Jetzt ist es also doch noch für Mac OS X erschienen: Biowares Rollenspielknüller „Dragon Age: Origins“. Zeit also, sich etwas näher damit zu beschäftigen: Was ist gut, was ist nicht ganz so gut und was ist das Besondere?
Bioware hat sich mit dem Star-Wars-Spiel „Knights of the Old Republic“ sowie den klassischen Rollenspielen „Neverwinter Nights“ und der „Baldurs Gate“-Reihe bereits einen Platz in der Oberliga der Rollenspielanbieter gesichert. Und jetzt also noch ein neues Szenario, dazu wieder ein Offline-Spiel – kann das klappen?
Die Welt von Dragon Age
Die Welt, die sich die Spieldesigner ausgedacht haben, ist alles andere als perfekt. Jedes der drei Völker hat seine Probleme: Die Elfen haben ihr einst stolzes Reich verloren und vegetieren als Leibeigene in Ghettos oder schlagen sich durch die Wildnis, die Zwerge haben sich von allem abgeschottet und sind erstarrt in der Erinnerung an ihre glorreiche Vergangenheit. Und die Menschen? Nun, sie sind die Herren dieser Welt und tun das, was Menschen, die zuviel Macht erhalten, oft tun: Sie schwelgen darin und suchen ihren Vorteil. Hilfe von den Magiern dieser Welt ist auch nicht zu erwarten: Seit die Magier einst in ihrem Streben nach Macht zu weit gegangen sind und die dunklen Mächte der Verderbnis beschwört hatten, stehen sie unter der Knute der Kirche. Damals wurde die Verderbnis mit Hilfe eines Bündnisses der sogenannten Grauen Wächter abgewehrt, aber auch diese sind keineswegs unfehlbar …
In dieses große Kuddelmuddel wird der Spieler also gestoßen und hat, wie sich nach und nach herausstellt, die nicht kleine Aufgabe eine neue Verderbnis abzuwehren.
Das Spiel beginnt
Nach einem Renderintro, das die Vorgeschichte der ersten Verderbnis erzählt, geht es zunächst einmal darum, seinen Charakter zu erstellen. Zur Wahl stehen Menschen, Elfen, Zwerge und als Sonderklasse die Magier. Die Rassen teilen sich dann noch jeweils in zwei Ausrichtungen auf, so gibt es etwa Adelige oder kastenlose Zwerge. Die Klassenwahl wirkt mit Krieger, Schurke oder eben Magier eher schmal. Je nachdem, welche Rasse und welche Ausrichtung man wählt, startet man mit verschiedenen Geschichten, die allerdings nach etwas über zwei Stunden Spielzeit zusammenlaufen. Dann noch schnell das Aussehen an die Wünsche angepasst und los geht’s.
Wir begleiten einen adligen Zwergenkrieger, der auf den schönen Namen „Gero“ hört, ein wenig auf seiner Reise, natürlich ohne zuviel vom Inhalt zu verraten. Was zunächst auffällt ist die äußerst aufwendige Präsentation: Die erste halbe Stunde schaut man hauptsächlich Filme und wird so langsam in die Welt und die Geschichte eingeführt, man lernt die Steuerung kennen und hat ziemlich viele Multiple-Choice-Gespräche zu führen. Dabei gibt es eine Vielzahl von Details zu entdecken, die die Welt lebendig machen. So begegnet man zum Beispiel zwei Zwerginnen, die sich bereitwillig bereit erklären, mit unserem Freund Gero das Nachtlager zu teilen. Wie sich herausstellt, erhoffen sich die beiden Damen sozialen Aufstieg mittels Nachkommenschaft von adligem Blut.
Und so geht es weiter: Während wir durch die Zwergenstadt wandern, entfaltet sich vor uns eine Geschichte voller Lügen und Intrigen, aber auch eine Geschichte von Heldenmut und Freundschaft.
Und weiter geht’s
Schon diese Einführung zeigt, wo der Schwerpunkt liegt. Es geht bei „Dragon Age: Origins“ nicht darum, in möglichst kurzer Zeit Monstermassen zu metzeln, sondern darum, eine Geschichte in wahrsten Sinne des Wortes zu erleben. Im Laufe der Zeit lernt man neue Mitstreiter kennen. Ob man sie in die maximal vierköpfige Heldengruppe aufnimmt oder nicht liegt ganz an uns. Wen man nicht mitnimmt, wartet einfach im Lager – falls man nicht das Angebot der Begleitung abgelehnt und den potenziellen Gefährten gleich bei der ersten Begegnung getötet hat. Dabei ist die Interaktion mit diesen Gefährten äußerst wichtig. Wer einen Begleiter schlecht behandelt, kann sich durchaus damit konfrontiert sehen, dass dieser den Dienst quittiert. Ebenso hat das Verhalten des Spielers während des Spiels Einfluss auf die Sympathiewerte der ganzen Gruppe, wobei auch hier der Spruch „kleine Geschenke erhalten die Freundschaft“ durchaus zutrifft. Unser Krieger versucht beispielsweise gerade, die Hexe Morrigan mittels regelmäßiger Schmuckgaben soweit zu bringen, dass diese das Oberteil ablegt.
Aber nicht nur die Gruppe wird durch das Verhalten des Spielers in Gesprächen und seinem Tun beeinflusst, gleichermaßen hat es Einfluss auf den gesamten Spielverlauf. Es gibt eigentlich immer zwei oder drei Möglichkeiten, eine Aufgabe zu erledigen, und je nachdem, für welche man sich entscheidet, muss man anschließend auch mit den Konsequenzen fertig werden.
Was wäre ein Rollenspiel ohne Kämpfe? Keine Angst, auch in „Dragon Age“ wird reichlich das Schwert geschwungen. Und das geschieht wie schon in den anderen Bioware-Rollenspielen in quasi-Echtzeitkämpfen, die aber jederzeit durch einfaches Drücken der Leertaste pausiert werden können, damit die Kämpfer ihre Gedanken sammeln und den Kampf zu einem erfolgreichen Ende bringen können. Die Kämpfe sind so aufwendig choreographiert, dass ich zeitweise dachte, ich schaue einem Fantasy-Matrix zu, inklusive gelegentlichen Finishingmoves in Zeitlupe. Und äußerst blutig geht es dabei auch zu – zumindest sind die Kämpfer nach jedem Kampf blutüberströmt, selbst wenn es nur gegen eine Handvoll Skelette ging. Womit dann auch klar sein dürfte, weshalb das Spiel seine Alterseinstufung von „ab 18“ verdient hat.
Stärken, Schwächen und Technik
In den Dialogen wirkt die Präsentation dann nicht mehr ganz so zeitgemäß: Die Lippenbewegungen sind nur eingeschränkt synchron und der Hauptcharakter spricht in den Dialogen keinen Ton. Schade eigentlich, wo ich unserem Gero-Zwerg in der Charaktererstellung so eine schöne Stimme verpasst habe. Auf der Höhe der Zeit befindet sich „Dragon Age: Origins“ dann wieder mit dem umfangreichem Belohnungssystem, das dem Spieler ständig Belohnungen in Form von Titeln, etwa „Meisterhafter Schlossknacker“ nach 50 geöffneten Schlössern, vor die Nase hält. Dazu kann man seine Charakter auch noch auf der Biowareseite zur Schau stellen. Allerdings habe ich da doch des Öfteren die Meldung, dass es zu Verbindungsproblemen gekommen sei und dementsprechend ist mein Profil auch nicht unbedingt auf dem neusten Stand.
Ebenfalls nicht ganz nachvollziehbar ist die Tatsache, dass Fernwaffen und Zauber im Kampf durch Wände und geschlossenen Türen fliegen als ob es diese Hindernisse gar nicht gäbe. Was umso mehr überrascht, als dass die Kollisionsabfrage bei Personen durchaus funktioniert: So kann ein Krieger einen Magier vor direkten Angriffen schützen, indem er sich in den Weg stellt. Und auch die künstliche Intelligenz der Gefährten und Gegner könnte durchaus etwas höher angesiedelt sein.
Ganz weit vorne ist Bioware bzw. EA dann wieder, wenn es darum geht, dem Süchtigen das Geld aus der Tasche zu ziehen. Das Zauberwort lautet DLC (DownLoad Content), und angefixt wird man mit der „Blutdrachenrüstung“ und dem Zusatzabenteuer „In Stein gefangen“. Nun ist „Dragon Age: Origins“ mit mindestens 60 Stunden Spielzeit nur für die Hauptstory alles andere als ein kurzes Vergnügen. Und wer nur durch die Hauptgeschichte hetzt, der verpasst eigentlich das Beste. Aber wer alles über die Grauen Wächter wissen will, der muss sich natürlich auch die Erweiterung „Wächterfestung“ zulegen. Und weitere Bezahltinhalte sind natürlich bereits angekündigt.
Systemvoraussetzungen
Die Hardwareanforderungen sind nicht von schlechten Eltern: Ein Intel Core 2 Duo mit 2 GB RAM sowie ATI X1600 bzw nVidia 7300 oder besser sowie 17 GB Festplattenplatz und Mac OS X 10.6.2 („oder besser“) sollten es schon sein. Dann gilt es nur noch, die Kleinigkeit von 8,7 GB durchs Kabel zu pressen (die Mac-Version gibt es derzeit leider nur als Download) und der englischen Sprache mächtig zu sein. Denn zu einer deutschen Lokalisierung hat es leider auch nicht gereicht, was uns aber immerhin die Peinlichkeit einer Synchronisation à la „Baldurs Gate“ erspart (wer es jemals gespielt hat, wird wissen was ich meine).
Kaufen oder lassen?
Von meiner Seite aus: Ganz klar kaufen! Wer auch nur ein kleines Bisschen für Fantasy und Rollenspiele übrig hat, der muss hier einfach zuschlagen. Die Story schreit zwar an jeder zweiten Ecke „Das kannst du auch bei ‚Herr der Ringe‘ nachlesen!“ und einige technische Unzulänglichkeiten sind ohne Zweifel auch vorhanden. Aber spätestens, wenn sich Morrigan und Alister mal wieder in den Haaren liegen oder man verzweifelt abwägt, wie man das Problem mit dem Sohn im Schloß Redcliff lösen soll, ist das alles vergeben und vergessen.
Was Präsentation und Interaktion angeht hat „Dragon Age: Origins“ neue Grenzen für Computerspiele definiert. Das fängt mit den unterschiedlichen Startgeschichten an, die man wirklich alle spielen sollte, da sie allesamt spannend sind und neue Facetten der Spielwelt offenbaren. Es setzt sich mit den moralischen Folgen der Spielerentscheidungen und deren Konsequenzen in der Spielwelt fort.
Itemhunter seien allerdings gewarnt: Mit einer Hetzjagd wie sie einige Online-Rollenspiele praktizieren, hat „Dragon Age“ nichts – aber auch gar nichts – zu tun.
Leider hat das Spiel noch einige massive Bugs die zum Teil sehr auf die Nerven gehen können.
Ich kann mich zB nicht innerhalb des Spiels registrieren weil ich kein @ Zeichen eingeben kann.
Auch ein Problem sind die Abstürze was meist dazu führt, dass gleich mal eine Stunde Spielzeit ins Nirvana wandert und man einen großen Teil nochmals absolvieren muss.
Mein Fazit bis jetzt: Wie bei jedem Cider-Port darf man seine Erwartungen im Bezug auf Bugs und Funktionstüchtigkeit nicht zu hoch ansetzen.