Macinplay Spieletest

Empire: Total War

In diesen Tagen stand ein neues Menu aus der Kategorie Strategietitel auf meinem Speiseplan. Die Köche von Creative Assembly veröffentlichten im März 2009 Empire: Total War und in diesen Tagen hat Feral Interactive es mit all seinen Gängen für den Mac herausgebracht und uns zum Test freundlicherweise zur Verfügung gestellt.

Einstieg gut abgestimmt 

Wie bei Total War Spielen (z.B. „Rome“: Testbericht) üblich trennt sich die Kost in einen rundenbasierten Kampagnenteil und Kampfsequenzen in Echtzeit. Empire spielt dabei im 18. Jahrhundert und hat erstmal die Unabhängigkeits- und Kolonialkriege in Nordamerika zum Thema. Als Vorspeise dient die Landung an der Ostküste der späteren Vereinigten Staaten. Mit eingeschränktem Funktionsumfang (Keine Forschung z.B.), aber einer vollen Portion Spannung, präsentiert sich der Kampf mit den Franzosen um die Vorherrschaft im neuen Siedlungsgebiet. Als Beilage werden Scharmützel mit den amerikanischen Ureinwohnern serviert.

[singlepic id=1833 w=400 h=240 float=left] Das ist gelungen umgesetzt, so können Anfänger, als auch Total War-Erfahrene die Neuheiten des Pakets erkunden und sich darin relativ gefahrlos bewegen. Neue Zutaten gibt es indes einige zu entdecken. Neben dem amerikanischen Kontinent sind Kampagnen und Schlachten in Europa und Indien möglich. So ist bei Empires auf jeden Fall für viele Monate Spielspaß gesorgt.

Leckereien auf der Kampagnenkarte

Neu dekoriert ist die Übersichtskarte, sie zeigt die Provinzen und ihre Städte, sowie umher marodierende Einheiten. Die Übersicht ist gut gelungen – mit einem Blick ist erkennbar, welche Gebäude repariert, welche Einheiten aufgestockt werden müssen.  Auf der großen Karte fällt inhaltlich eine grundlegende Änderung auf: Die  jeweiligen Provinzen werden nun zentral verwaltet. Die Provinz beinhaltet zwar weitere Gebäude und Einrichtungen, doch nur die Hauptstadt lässt sich verwalten. Hier lassen sich – wie gehabt – Einrichtungen bauen, Einheiten rekrutieren und bestehende Armeen und Agenten organisieren. Der Bau der Gebäude ist besser strukturiert als etwa in „Rome“: Sehr übersichtlich ist angezeigt, welche der wenigen Stadtgebäude erweitert werden können. Der Spieler kann dabei parallel mehrere Gebäude in Auftrag geben. Zusätzlichen Verwaltungsaufwand generiert Empire allerdings mit den sonstigen Einrichtungen, die auf der Provinz verteilt sind: Bauernhöfe, Schulen, Theater und Häfen, um nur einige zu nennen. [singlepic id=1823 w=400 h=240 float=right]Ihre Verteilung macht eine umfassende Verteidigung des eigenen Gebietes schwierig, so dass immer wieder gegnerische Patrouillen mal eine Mine oder eine Pelzfarm besetzen. Dabei können die jeweiligen Ressourcen gestohlen werden.  Auch diese Einrichtungen können von Zeit zu Zeit erweitert werden – je nach Entwicklungsstand. Wenn das entsprechende Forschungsprojekt abgeschlossen wurde, muss allerdings jedes Gebäude mühsam einzeln erweitert werden.

Forschung und ihre Auswirkungen

Damit sind wir bei einer weiteren Beilage angekommen, die diesen Titel schmackhaft macht: die Forschung. Während bei der römischen Variante keine Schwerpunkte gesetzt werden konnten, ist es in Empire möglich, Erweiterungen zu erforschen. Die Forschungsprojekte erweitern die einzelnen Waffengattungen um Spezialfähigkeiten, schalten Gebäude und Einheiten frei und verbessern die üblichen Kennzahlen (Handelseinkommen, Bewegungsweiten etc.). Doch realistischerweise kommt der Fortschritt nicht ausschließlich positiv daher. [singlepic id=1840 w=320 h=240 float=right] Häufig quittieren die Einwohner Neuerungen mit Skepsis, sprich mit sinkender Zufriedenheit. Fortschritte wie etwa „Arbeitsteilung“ lassen das Volk zu Reformen neigen und am Ende gegen den absolutistischen Herrscher – richtig: den Spieler – revoltieren. Dass die Macher bei den aufeinander aufbauenden Forschungsprojekten und Gebäudeklassen keinen Quatsch mit Soße verzapfen, zeigen die umfangreichen Erklärungstexte zu den jeweiligen Zutaten des Strategieschmauses. Die Erörterungen sind mit allerlei interessanten historischen Anekdoten angereicht. So erfährt der wissensdurstige Feldherr, dass die Royal Navy das größte Unternehmen seiner Zeit mit zehntausenden Angestellten war oder wie ein französischer Artillerieinspektor versuchte, Geschützteile zu standardisieren. Am Ende standen dennoch alleine 20 verschiedene Rädertypen zur Auswahl standen. Naheliegenderweise stellen die seltenen Bildungseinrichtungen die Forschungsgebäude. Pro Gebäude kann ein Vorhaben bearbeitet werden. Agenten können diese Projekte beschleunigen. Die Spitzel können auch versuchen, die Technologien anderer Völker zu stehlen. Handelsrouten können durch eigene Kriegsschiffe unterbrochen und bestohlen werden.

Köche und Gehilfen: Agenten und andere Helden

Den Sonderfiguren haben die Küchenmeister von Creative Assembly viele Facetten angedeihen lassen. Neben den Lebemännern, die den alten Saboteuren und Spionen entsprechen, sorgen Edelmänner, Missionare und Gelehrte für Forschungserträge, Haschischin und Thyees bereichern die Unterhaltungsgebäude. Die Agenten können sich gegenseitig duellieren. Hierzu bietet das Spiel unterhaltsame Videosequenzen über den Ausgang. Da der Spieler die Agenten neuerdings nicht mehr selbst produzieren kann, wiegt der Verlust schwer. Gebäude und deren Ausbaustufen übernehmen die automatische Generierung. Die Figuren sind mit Talentstufen und Sonderfertigkeiten ausgestattet, dazu kommt später Gefolge. Umgekehrt darf der Lenker seines Imperiums nun Generäle und Admiräle selbst ernennen. Dazu wählt man eine Einheit aus und befördert sie zu einem Kommandeur oder Kapitän, später kann man den Heeresführer dann entsprechend auf die höchste Laufbahn hieven. Je nach Einsatz lernen diese Figuren ebenfalls Fertigkeiten, die sich auf ihre Kämpfer auswirken. Auch hier stellt sich mit der Zeit Anhang ein. Die neue Total War-Folge hat noch eine Neuerung und zwar Politik. Neben dem Regenten gibt es ein Kabinett, das die wichtigsten Geschäfte regelt. Den Ministern, die gefeuert werden können, ist eine Opposition gegenübergestellt. Problem beim Ersatz der höchsten Männer des Staates: Es ist nicht klar, wer nachrückt. Die Erfahrung im Test bisher war, dass immer ein schlechterer Dezernent auf den Geschassten folgt. Vielmehr Möglichkeiten bietet das Politikfeld nicht und bleibt daher geschmacklos. Durchaus amüsant  – und in der Folge von vielen Titel übernommen – war die Möglichkeit früherer Versionen, Spielfiguren auch zur Stadtverwaltung auszuwählen. Diese bereichernde Spielzutat ist nun offensichtlich durch das Poltikfeld ersetzt worden. Es kommt dem geneigten Spieler zumindest auf den ersten Blick noch nutzloser vor, als eine Soße zur Suppe zu reichen. Anders sieht es bei der Diplomatie aus, die nicht mehr einen Diplomaten zur Ausübung braucht. Jederzeit können nun den Kontrahenten Vorschläge zur Zusammenarbeit unterbreitet werden.

Schlachteplatte auf dem Land und der See

Wieder genial umgesetzt sind die Landgefechte mit ihren aberdutzenden Akteuren, die rufen, schießen und sich mit Geschrei in den Nahkampf stürzen. Infanterie-, Kavallerie- und Artillerie-Einheiten unterscheiden sich je nach Entwicklungsstufe und bekämpfen sich nach dem Papier/Schere/Stein-Prinzip auf das Beste. [singlepic id=1831 w=400 h=240 float=left]Diverse Spezialfähigkeiten und Sondereinheiten würzen den Kampf im Mikromanagement. So können etwa die Dragoner sowohl als Kavallerieeinheit „aushelfen“, als auch absitzen und die Gegner mit Musketen unter Beschuss nehmen. Dank recht weitreichender Schusswaffen sind die Gelände auch schön ausladend und bieten viele Möglichkeiten. Neu dazu gekommen sind etwa Gebäude, die die Einheiten besetzen können. Die Mauern bieten Schutz gegen Fernangriffe, allerdings können Nahkampfeinheiten einen Besuch abstatten und den Besetzern in die Suppe spucken.  Keine Befestigungsgerätschaften mehr braucht der routinierte Feldherr bei der Eroberung von Städten und Gemeinden. Seine Leute sind standardmäßig mit Leitern ausgerüstet. Je nach Ausbaustufe kann die Mauer ein ganzes Arsenal von Kanonen beherbergen, was die Erstürmung in der Tat erschwert. Auch in den Mauern des jeweiligen Forts oder der Stadt sind Gebäude zu finden, die besetzt werden können.[singlepic id=1836 w=320 h=240 float=right]

Die Schiffskämpfe sind hingegen gewöhnungsbedürftig. Die verschiedenen Schiffe können  unterschiedliche Munition einsetzen, die auf Beschädigung von Rumpf, Takelage oder Besatzung der schwimmenden Kampfkolosse abzielt. Der Seekampf ist taktisch anspruchsvoll, auch wenn der Computer dem unbedarften Spieler einiges abnimmt. Es wird ganz deutlich, dass die Macher von Creative Assembly hier viel Liebe und vor allem Realitätstreue haben einfließen lassen. Wunderschön anzusehen sind die – ebenfalls stufenlos zoombaren – Gefechte allemal. Kanonenkugel schlagen scharf in das Bug und die Holzsplitter fetzen nur so weg. Verzweifelte Seemänner springen in das tosende Meer, während ihre Fregatte langsam in die unendliche Tiefe des perfekt animierten Wassers sinkt. Zu dem Angriff mit den drei Munitionstypen gesellt sich als besonders leckeres Bonbon das Entern. Das gegnerische Schiff kann herangezogen und mit den eigenen Männern angegriffen werden. Ist der Überfall erfolgreich, kann ein „neues“ Schiff in den eigenen Reihen begrüßt werden.

Feine Zutaten für Auge und Ohr 

Schon am Einstellungsfenster ist ersichtlich, dass in Empires ordentlich an den Kalorien gezupft wurde. Mag es vielleicht auch keine neue Engine sein, die zum Einsatz kam, so ist die bestehende anscheinend gehörig aufgebohrt worden. Bis zu 16-fache anisotropische Texturenfilter bei achtfachem Antialiasing ist einstellbar, dazu HDR-, Hitzeverzerrungs- und Volumen-Effekte. Auch einzelne Modellgruppen können in ihrem Detailreichtum beschränkt werden. Selbst bei starker Zoomtiefe sehen auch hunderte Einheiten noch gut animiert aus. Empires hat die Reihe grafiktechnisch einen ganz großen Sprung nach vorne gebracht. [singlepic id=1822 w=320 h=240 float=right] DIe grafische Augenweide ist in der Tat nicht zuletzt einem leistungsfähigen Testrechner (iMac 27″, 3.4 Ghz. Intel i7, 2Gb ATi Radeon HD 6970M) zu verdanken. Angesichts der Unmengen an grafischen Einstellungen sollte es jedoch auch möglich sein, auf schwächeren Maschinen ein gutes optisches Erlebnis zu erreichen.

Im Gegensatz zu der zuweilen etwas nervigen Hauptkarten-Animation – Stichwort: „Wiegende Bäume“ – sieht die Landschaft auf der Landkampfkarte schön aus. Gekonnt animiert sind die Aktionen der Einheiten, die wiederum selbst auch grafisch schön ins Bild gesetzt worden sind. Dabei gibt sich das Spiel wenig blutrünstig, so dass die Altersfreigabe insgesamt in Ordnung geht. Atmosphärisch sind die Kämpfe deftig: Jede Menge Rauch, Feuer und Hitzeflimmern und einige Mündungsblitze bilden eine schöne Effektpalette. Zu dem stehen auf der Karte überproportional viele Regenschauer und eine ganze Menge von stimmungsvollen Sounds von einschlagenden Schrapnellgeschossen, über schreiende Truppen und bis zu donnernden Kanonen zur Auswahl. Letztere gibt es auch auf See zu hören.

Der Effektreichtum gibt den Schlachten die richtige Würze, denn Rauchschwaden und Nebel verdecken die Sicht und kreieren eine ganz spezielle Atmosphäre. Die grandiose Grafik wird durch schöne und wenig nervende Musik ergänzt. [singlepic id=1837 w=400 h=240 float=right]Die ausgesprochen gelungenen FX-Sounds machen das visuell-akustische Gericht rund. Wenn die aufgeregten Rufe der Einheiten im Donnern der Büchsen und Klirren der Säbel untergehen, dann kommt richtige Schlachtstimmung auf. Die freie Kamera tut ihr übriges, um Empire – Total War lecker aussehen zu lassen. Auch die Schiffe sind ein wahrer optischer Genuss.

Auf der Übersichtskarte jedoch ist es ein wenig zu viel der Würze. Sie sieht grundsätzlich gut aus. Warum die nicht so schön animierten Bäume unentwegt im Wind wiegen müssen, erklärt sich leider nicht. Es sieht auch nicht besonders gut aus. Auch die Bewegungen der Figuren wirken hier nicht richtig geschmeidig – im Gegensatz zu denen im Schlachtmodus. Sehr schön sind all die Gebäude, Städte und Forts gezeichnet.

Das Gericht in seiner vollen Güte

Empire: Total War lässt an Detailreichtum wenig Wünsche offen. Hier ist Creative Assembly wieder ein Strategiespiel aller erster Güte gelungen, dass sowohl atmosphärisch, grafisch als auch vom Gameplay her zu überzeugen weiß. Wie gewohnt gelungen ist die Mischung zwischen rundenbasierten Strategietitel und packender Echtzeitaction. Die am Ende stärker verteilte Menge der Ressourcen mit der Möglichkeit auch mit kleinsten Armeen Schäden in der Handelsbilanz zu verursachen, hat Vor- und Nachteile. So ist es zwar auch für schwächere Gegner möglich, großen Imperatoren Schäden hinzuzufügen. Auf der anderen Seite ist es als Großmacht anstrengend, immer wieder den Nadelstichen etwas entgegen zu setzen. Schönes psychologisches Ergebnis ist es, dass man sich dadurch leichter dazu verleiten lässt, den Geduldsfaden abreißen zu lassen und das Volk, dass einen zermürbt, großflächig anzugreifen. Es gefällt zwar die Möglichkeit, von Armeen allerorten weitere Fachkräfte akquirieren zu können, auch wenn ich sie insgesamt nicht für besonders realistisch halte. Es ist schon merkwürdig, dass eine entsprechende Armee in einem Fort höherrangige Kräfte rekrutieren kann, als eine mittlere Stadt, die nicht die entsprechende Ausbaustufe hat. Empire ist wieder gut ausbalanciert. Die KI wirkt auf den ersten Blick stärker als in vorherigen Teilen, hat aber auf den zweiten Blick auch entscheidende Mängel, die sich vor allem bei den Belagerungskämpfen zeigen. Der Computer-Gegner reißt beispielsweise mit seiner mächtigen Kanonade riesige Löcher in die Befestigungen, im zweiten Schritt bekommt es seine Infanterie aber nicht hin, auch einzudringen.[singlepic id=1824 w=400 h=240 float=center]

Im Großen und Ganzen liegen diese kleineren Mängel jedoch nicht schwer im Magen, denn das Gesamtgericht Empires: Total War ist ein begeisternder Spieletitel und wahrscheinlich das Strategiehighlight auf dem Mac in diesem Jahr. Besonders bei diesem Teil der Total War Reihe fällt – mehr als denn je – auf, dass eigentlich alle Spielelemente (Entwicklungen, Figuren, Gebäude) bis ins kleinste Details aus der jeweiligen Epoche ausrecherchiert sind. Wer sich mal die kleine Mühe macht, sich die entsprechenden Erläuterungstexte zu Gemüte zu führen, wird ein ganzes Fass von Wissenswerten über diese Epoche in sich aufnehmen können. So ist Empire nicht nur ein großartiger Strategiegenuss, auch der Nachgeschmack ist rund und kräftig.

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Von Raimund Schesswendter

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