Homeworld 2
Ein riesiges Trägerschiff zieht langsam an einem bunt leuchtenden Nebelband vorbei, die Triebwerke brummen, und beim Vorbeiflug blendet der nahe Stern den diensthabenden Offizier auf der Brücke. Aus dem Bauch des Schiffes steigen ein paar filigrane Jäger auf und nehmen Kurs auf den nahe liegenden Asteroidegürtel. Hinter dem Träger gleitet eine kleine Flotte von großen und nicht so großen Schiffen durch die Tiefen des Alls. Rohstoffsammler trudeln durch den Raum und Sonden erkunden die Nebel. Alles ist friedlich. Doch plötzlich tauchen wie aus dem Nichts bunt bemalte Schiffe aus dem Hyperraum auf und stürzen sich auf die überraschte kleine Flotte. Hat der Nebel die Sensoren beeinträchtigt, so dass der Feind sich unbemerkt nähern konnte? Eilig wird Gegenwehr organisiert, schon feuern die ersten Geschütztürme auf die Angreifer. Wie wird das Gefecht wohl ausgehen?
Das kann der Spieler in Homeworld 2 selbst entscheiden, denn Relic Entertainment und Aspyr Media haben das futuristische Echtzeitstrategiespiel für den Mac veröffentlicht. Vor einiger Zeit haben wir hier eine Vorschau auf das Spiel veröffentlicht, in dem Homeworld ganz passabel abschneiden konnte, auch wenn es an der einen oder anderen Stelle noch gezwickt hat. In der Zwischenzeit hat sich einiges getan, unter anderem sind die Verbesserung des PC-Patches mit in die Mac-Version eingeflossen.
Die Geschichte von Homeworld 2 ist schnell erzählt, es gibt drei Hyperspace-Kerne im Universum. Wer alle drei in seinen Händen hält wird unheimlich mächtig. Macht lockt bekanntlich Bösewichter an, in diesem Fall Makaan von den Vaygr. Die Hiigara, die wir spielen, sind damit aber nicht einverstanden und versuchen, das drohende Unglück zu verhindern. Eine Jagd nach Artefakten, alten Raumschiffen und Hyperspace-Kernen beginnt und das Schicksal des Universums hängt davon ab. Das hört sich aber spannender an als es eigentlich ist. Der Geschichte fehlen irgendwie Bezugspersonen, es gibt nur große Schlachtschiffe und künstliche Intelligenzen, die mit mir sprechen. Auch die Missionen wirken nicht so richtig aufeinander folgend, zwar nimmt man seine Schiffe mit und jagt Objekten hinterher, dennoch wirkt jede Mission gleich. Meist muss man gegnerische Stützpunkte oder Flotten vernichten oder irgendwelche Objekte bergen, selten, dass die Missionsziele aussergewöhnlich sind.
Die KI der Gegner stellt sich weder in der Kampagne noch im freien Spiel besonders intelligent an. Alle Ereignisse der Kampagne sind gescriptet, und darf der Computer mal selbst Hand anlegen, schickt er alle Truppen blind in die Schlacht. So verwundert es nicht, dass man für die 15 Missionen rund 15 Stunden braucht. Der einzige Grund, warum es nicht noch schneller geht, ist die gigantische Übermacht des Computers. Dieser hat in späteren Missionen gut und gerne vier Mal so viele Schiffe, wie ich selber bauen kann. Dass ein Sieg dennoch möglich ist, spricht wiederum nicht für die KI.
Richtige Herausforderungen gibt es also nur im Mehrspielermodus, allerdings nur gegen andere Mac-Spieler. Wie bei einigen der jüngsten Spiele hat auch Homeworld 2 keine Crossplattform-Netzwerkschnittstelle bekommen. Außerdem ist man auf den Online-Dienst GameRanger zur Serversuche angewiesen und aus einem mir unerklärlichen Grund war in den letzten Wochen nie ein Server dort zu finden.
Die Handhabung von Homeworld 2 ist relativ leicht zu erlernen, aber schwer zu meistern. Alle Befehle kann ich mit der Maus aufrufen, wesentlich effizienter sind aber die Shortcuts. So schalte ich schnell zwischen dem Angriffsverhalten oder den Formationen um. Die Bewegung auf Höhe des Raumschiffs wird mit einem Kreis und einer Markierung visualisiert, Bewegungen in der Vertikalen nimmt man mit zusätzlicher Umschalttaste vor. Das erfordert am Anfang etwas Übung, zumal wenn man Schiffe mit verschiedenen Geschwindigkeiten zeitgleich an einem Ort ankommen sieht. Leider bewirken Formationen nämlich nicht, dass alle Schiffe zusammen bleiben – jedes Schiff fliegt eben so schnell es kann zum angegebenen Punkt. Dort ist dann beispielsweise ein Abfangjäger gegen einer Flakfregatte auf verlorenem Posten. Das Kommandieren dieser Flotte in der frei dreh- und zoombaren Ansicht wird dann schnell hektisch, und gefährdete Schiffe zieht man eventuell nicht schnell genug zurück.
Etwas übersichtlicher als die grafisch opulente 3D-Spielansicht ist der Kommandomodus, den ich schnell mit der Leertaste erreiche. Hier verschwinden alle unwichtigen Details und meine Schiffe werden nur noch als Symbole angezeigt. Eine blaue Wolke zeigt meinen Sensorbereich an, und da diese Ansicht auch frei schwenkbar ist, erkenne ich viele Gefahren rechtzeitig. Die effektvollen Schlachten bekomme ich so zwar nicht mit, aber dafür kann ich gleichzeitig Angriffskommandos geben und den Nachschub überwachen. Damit man die vielen kleinen Schiffe auch schnell auswählen kann, sollte man viele und vor allem häufig Kontrollgruppen erstellen und aktualisieren. Auch eine Pausefunktion hilft mir, meinen Truppen neue Befehle zu geben und ein wenig Ordnung in die Reihen zu bringen.
Statt eines Hauptquartiers habe ich bei Homeworld 2 ein Mutterschiff, die „Stolz von Hiigara“. Zu Anfang der Geschichte ist dieses Schiff die einzige Möglichkeit, Rohstoffe zu verarbeiten und Raumschiffe zu produzieren. Später können auch Raumdocks und Trägerschiffe entwickelt werden, sodass ich an mehreren Orten Schiffe bauen lassen kann. Eines bleibt aber immer gleich: Wird mein Mutterschiff zerstört, ist die Mission gescheitert. Es gilt also das Mutterschiff vor Angreifern zu schützen oder noch besser: den Angreifern zuvorkommen und sie zerstören. Dafür steht mir eine breite Auswahl an verschiedenen Schiffstypen zur Verfügung, die in mehrere Klassen unterteilt sind. Jede Klasse braucht eine eigene Werft auf dem Mutterschiff, Raumdock oder Trägerschiff.
In die Klasse Jäger werden Abfangjäger, Bomber und Aufklärer zusammengefasst. Diese Schiffe sind nur schwach gepanzert, aber dafür sehr schnell. Der Abfangjäger soll, wie der Name schon sagt, andere Jagdmaschinen abfangen, der Bomber große Schiffe schnell zerstören. Die Jäger werden immer in Squads zu je fünf Einheiten zusammengefasst, bis auf den Aufklärer, der nur aus drei Einheiten besteht.
Schiffe der Korvetten-Klasse sind schon ein wenig stärker, hier gibt es Heli-Korvetten, die gut gegen Jäger, und Pulsarhelis, die gut gegen Schlachtschiffe einsetzbar sind. Auch hier gibt es wieder Squads mit drei/fünf Einheiten. Erst die größeren Fregatten werden einzeln gebaut, diese sind sehr feuerstark und spezialisiert. Da habe ich Torpedo- und Ionenfregatten, die große Schiffe effizient zerstören, oder Flakfregatten, die gut gegen große Jägeransammlungen sind. Sehr interessant sind auch Spezialfregatten zum Entern anderer Schiffe oder Abschirmfregatten, die gegnerische Waffensysteme stören.
Sehr mächtig aber auch sehr langsam sind die großen Trägerschiffe, Zerstörer und Schlachtschiffe. Sollen diese gewaltigen Schiffe in eine Schlacht eingreifen, müssen sie rechtzeitig auf den Weg geschickt werden, vor allem in späteren Missionen sind sie unverzichtbar gegen die starken Vaygr-Schiffe. Daneben gibt es diverse Sonden, Plattformen und Rohstoffsammler.
Wirtschaftlich gibt sich Homeworld 2 äußerst spartanisch. Es gibt nur einen Rohstoff, den man abbauen kann und mit dem alles produziert wird. Dieser verbirgt sich in Asteroiden und kann mit Rohstoffsammlern gewonnen werden. Ein sehr nettes Detail ist, dass große Schlachtschiffe nach ihrer Zerstörung Trümmer hinterlassen die man wieder recyceln kann. Aber soweit sollte es mit den eigenen Schiffen gar nicht kommen, Rohstoffsammler können auch eigene Einheiten reparieren, und das sogar kostenlos. Leider ist es etwas schwierig, diese nützlichen Helfer mitzunehmen, da sie nur sehr wenig aushalten. Ein Trägerschiff in der Flotte hilft hier weiter, und die langsamen Zerstörer müssen nicht minutenlang auf Reparatur warten. Eigentlich hätte ich mir hier ein wenig mehr gewünscht, man hätte doch auch noch Gas aus den Nebelschwaden gewinnen können oder in irgendeiner Form Energie mit ins Spiel bringen können. Aber gut, so gestaltet sich ein Spiel in Homeworld 2 sehr actionreich und schnell.
Grafisch kann Homeworld 2 überzeugen, die Schiffe sind gut texturiert und schweben majestätisch durch das All, im Hintergrund sieht man Nebel und Asteroidenfelder. Kommt es zum Kampf, zucken Laserstrahlen über Schiffshüllen und Torpedos ziehen ihre Rauchspuren zum Ziel. Die Explosionen schließlich sind teilweise gewaltig und lassen den ganzen Bildschirm in grellem Weiß und Orange versinken. Dafür, dass im Weltraum aber außer Schiffen, ein paar Asteroiden und Trümmern nicht viel los ist, sind die Raumschiffe ein wenig detailarm ausgefallen. Immerhin sind die Systemanforderungen moderat ausgefallen und selbst mit nur erfüllten Mindestanforderungen kann man in ansehnlicher Grafikpracht flüssig spielen.
Sound und Musik fallen dagegen etwas negativ auf. Der asiatische und mystische Soundtrack ist Geschmackssache, während des Spiels hörte ich aber kaum Musik. Vermutlich geht sie zwischen Explosionen, Einschlägen und den Funkmeldungen gänzlich unter. Besonders die Funksprüche finde ich nicht so toll gelungen. Bei jeder Bewegung gibt es eine Statusmeldung, und irgendwann kann man es einfach nicht mehr hören. Die Synchronisation der englischen Demo war außerdem um Längen besser als die deutschen Sprecher, hier versprüht Homeworld 2 den Charme einer deutschen Beamtenstube.
Fazit:
Alle Strategiefans aufgepasst, mit Homeworld 2 könnt ihr endlich auch den Weltraum erobern. Aber Vorsicht, denn ohne Internetzugang und/oder Freunde und Kollegen ist der galaktische Streifzug leider viel zu schnell vorbei. Nichtsdestotrotz bekommt man ein optisches Feuerwerk geboten und die Geräuschkulisse ist wohl weltraumtypisch, obwohl man im Vakuum eigentlich nichts hören sollte. Wer mit der kurzen Kampagne und der eigentümlichen KI leben kann, der darf zugreifen, alle anderen sollten sich vorerst die Demo ansehen.
Felix Gelpke
Verfügbarkeit
Zu haben ist das Produkt im macinplay-Shop oder bei Amazon.
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