Project Nomads

Vor langer Zeit wurde die Welt Aeres durch einen Krieg zerstört, die Zivilisation der Baumeister ging unter und zurück blieben einige wenige Überlebende. Lange nach dieser Katastrophe leben diese Menschen als Nomaden auf den Überresten ihrer Welt, die langsam durch das schier unendliche Wolkenmeer treiben. In dieser Welt haben die drei Freunde John, Susie und Goliath einen heiklen Auftrag bekommen: Trevayne hat sie auf die Suche nach einer geheimnisvollen Insel geschickt, die tief im Gebiet der feindlichen Sentinels liegt. Kurz vor dem siegreichen Abschluss dieser Mission werden zwei der Freunde angegriffen und entführt, der dritten Freund stürzt auf eine einsame Insel ab und wird für Tod gehalten.

Zum Glück ist die Insel doch nicht unbewohnt, denn bei unserem Absturz wecken wir einen verbannten Baumeister. In der Rolle eines der drei Nomaden bauen wir die Insel zu einem schlagkräftigen Luftschiff um, um unsere Freunde damit zu befreien. Die Geschichte von Project Nomads beginnt also sehr furios, aber nicht weiter innovativ. Die richtigen Innovationen stecken im Spielprinzip. Das Game besteht aus drei Teilgebieten: Der Strategiepart beinhaltet den Aufbau unserer Insel, auch die Action kommt nicht zu kurz und zwischendrin gibt es immer wieder Adventure-Parts zu erledigen.

Aber der Reihe nach, unsere Reise beginnt also am Grauenmarkt, wo für fürs erste ausgerüstet werden. So bekommen wir vom Baumeister einen Leuchtturm, das wichtigste Gebäude – wird es zerstört, bricht die Insel auseinander. Um im Wolkenmeer zu navigieren braucht man auch einen Navigationsturm, mit dem man sich zwischen festgelegten Navigationspunkten bewegen kann. Geschütztürme in mehreren Ausbaustufen dürfen zur Verteidigung der Insel natürlich nicht fehlen, genauso wie die Energieversorgung durch Kraftwerke und ein Rohstoffsammler. Der Aufbaupart ist gelungen, aber nicht so komplex wie in einem echten Strategiespiel.

Gebaut wird in Project Nomads nicht im eigentlichen Sinne, vielmehr sind die Gebäude in so genannten Artefakten verpackt. Diese findet man auf seinen Streifzügen oder erhält sie von anderen Nomaden. Der blaue Typ kehrt nach Zerstörung wieder, der rote Typ ist dagegen endgültig verloren. Und hat man zwei Artefakte von derselben Gebäudeart und Farbe kann man sie zu einem gleichen Gebäude höherer Stufe pressen. Dazu bekomme ich im Laufe des Spiels eine Artefaktpresse oder ich benutze die Presse von Trevayne am Grauenmarkt. Um das Rohstoffmanagment muss ich mich also weniger kümmern, nur das rechtzeitige Reparieren beschäftigt mich nach Aufbau der Insel.

Übernimmt man die Kontrolle eines Geschützturmes oder die eines Flugzeuges, kommt der Actionteil zum Tragen. Feindliche Jäger und Bomber greifen die Insel häufig an und müssen rechtzeitig erledigt werden. Und weil sie von allen Seiten kommen, sollte man seine Geschütze nicht alle am Bug platzieren. Das Wechseln geht mit der Tabulatortaste trotzdem in Sekundenschnelle. Mit dem Bau eines Flugzeughangars kann man seine Insel auch im Luftkampf verteidigen oder gegnerische Befestigungen zerstören, sodass der Nachschub des Feindes ins Stocken gerät. Leider befinde ich mich viel zu oft in der defensiven Position und muss hektisch Geschütze bedienen, andere reparieren oder die Insel aus dem Gefahrenbereich navigieren. Was der Computer mir da an Gegnerscharen entgegensetzt ist oft beeindruckend, Welle um Welle brandet an meine Insel und schreckt auch vor Kamikaze-Attacken nicht zurück.

Ab und an verlasse ich dann auch meine Insel, um bei anderen Nomaden Missionen zu erhalten oder Gegenstände zu finden, die mir die Missionen erleichtern. Hier steuere ich meinen Protagonisten ähnlich wie Lara Croft durch die Landschaften der Inseln, muss mit einem Zauberspruch gefährliche Insekten töten und oft Geschicklichkeitstests absolvieren. Diesen Teil von Project Nomads hätte man sicherlich noch etwas weiter ausbauen können – ein einziger offensiver Zauberspruch, eine Ladung Sprengstoff und Gesundheit ist nicht gerade viel.

Der Genremix, den Project Nomadsbietet, ist phantastisch, hier hat der Entwickler Radeon Labs wirklich einmal Neues geleistet. Leider ist die Umsetzung an vielen Stellen nicht ganz reibungslos gelaufen. Da wäre zum einen der Schwierigkeitsgrad, der mich manchmal an den Rand der Verzweiflung gebracht hat, oder das am Anfang etwas behäbige in-Gang-Kommen der Geschichte. Viel schwerer ins Gewicht fallen aber die vielen Kleinigkeiten. Oft muss man vor Insekten weglaufen, aber der Rückwärtsgang des Helden ist quasi nicht existent und wir würden von einer Schnecke überholt werden. Dazu kann man zwischen den Zaubern nur wechseln, wenn man still steht, was im Kampf nicht gerade gesund ist. Die Kollisionsabfrage ist etwas grob, springt man an einem Gebäude vorbei und kommt ohne Berührung dennoch zu nahe, kommt der Held gleich ins Straucheln.

Ich kann es schlecht beschreiben, dieses Spiel hat mich zeitweise sehr geärgert und mehrmals wollte ich einfach aufhören zu spielen, dennoch habe ich immer wieder weiter gemacht. Irgendetwas macht es also trotz der vielen Probleme interessant, weswegen ich den Vergleich zu den ganz alten Klassikern ziehen möchte. Diese konnten auch nicht wirklich durch eine ausgefeilte Geschichte oder besonders vielfältige Optionen überzeugen und trotzdem hat man sie stundenlang gespielt. Wenn Radeon Labs je auf die Idee kommen sollte, einen zweiten Teil zu programmieren, wäre ich für die Behebung der Kritikpunkte dankbar, ansonsten kann das Spiel so bleiben.

Virtual Programming hat bei der Portierung gute Arbeit geleistet. Project Nomads läuft fehlerfrei und performant, zumindest in den Bereichen, mit den Virtual Programming zu tun hatte. Dass nach Spielstart kein Quickload funktioniert und man erst irgendein Savegame laden muss, ist Problem des Herstellers. Auch die fehlende Möglichkeit einer angepassten Tasturbelegung in den Optionen, die Limitierung auf 1024×768 Pixel und die ansonsten ebenfalls mageren Einstellungen sind Nachlässigkeiten des Herstellers. Woran Virtual Programming aber mit Schuld trägt ist das schlampige Handbuch im PDF-Format: Nicht einmal eine Erklärung der Tastaturbelegung finde ich beim Lesen und muss alle Tasten im Spiel selber ausprobieren. Dafür gibt es eine Neuerung beim Kauf von Spielen, denn Project Nomads (und einige andere Spiele) kann man bei Virtual Programming downloaden und mit Kreditkarte zahlen. Die Seriennummer bekommt man dann bequem per E-Mail zugeschickt. Das Spiel will beim ersten Start eine Internetverbindung haben, um die Registrierung durchzuführen.

Von der PC-Version weiß ich, dass der Multiplayer-Modus nie wirklich fertig gestellt wurde und mehr eine Beta darstellt. Ob das bei der Mac-Version anders ist, habe ich im Laufe des Tests versucht, herauszufinden, doch leider entzieht sich dieser Modus einem Test, da ich auf der ganzen weiten Welt der einzige zu sein scheine, der Project Nomads online spielen wollte. Als allein spielender Multiplayer-Spieler kann man sich nicht einmal die Maps anschauen, die dabei sind. Laut Handbuch gibt es Deathmatch, Teamdeathmatch und Capture the Flag als Spielmodi auf rund 15 Karten.

Die Grafik von Project Nomads mag zum Erscheinungstermin auf Windows-PCs gut bis sehr gut gewesen sein, heute kann sie mich leider nicht so recht überzeugen. Die Landschaften der Wolkeninseln sehen ganz nett aus, die Partikeleffekte der eigens entwickelten Nebula Engine können sich auch heute noch sehen lassen. Aber die mickrig aufgelösten Texturen sind ein echtes Problem und können demnach die wenigen Polygone einzelner Objekte auch nicht kaschieren. Mit dem ATI-Kontrollfeld konnte ich mit 4x FSAA und 8x anisotroper Filterung das Gesamtbild etwas verbessern, aber andere Spiele sind deutlich weiter. Dafür läuft das Spiel in alle Lagen flüssig, nur wenn meine ganze Insel explodiert und tausende Teile umherfliegen, ruckelte es selbst auf meinen PowerMac G5.

Was den Audiobereich angeht, so ist Project Nomads etwas eintönig. Das Rattern der Geschütze ist immer gleich und da man oft und lange kämpft geht es mir recht schnell auf die Nerven. Auch wenn auf jeder Inseln einer der drei Winde pfeift höre ich schnell nicht mehr hin. Für die Musik des Spiels war angeblich David Bowie zuständig, zumindest in Teilen. Ehrlich gesagt habe ich bis auf wenige kurze Stücke nichts Musikalisches gehört, die in den Zwischensequenzen für ein wenig Pepp sorgen. Aber mehr war vielleicht damals einfach nicht drin – schließlich sollte alles auf eine CD passen.

Fazit:

Project Nomads hat viele Innovationen und setzt leider nur wenige davon konsequent um, die Story ist etwas zu flach geraten und auch die technische Seite kann heute nicht mehr überzeugen. Trotz allem macht das Spielen von Project Nomads irgendwie Spaß, zu viel sollte man sich von dem Spiel aber nicht erwarten.

Felix Gelpke

Verfügbarkeit

Zu haben ist das Produkt im macinplay-Shop.

Bilder (klicken für mehr)

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