Rise of Nations Gold Edition

Strategiespiele gibt es viele, und nahezu alle haben sich mehr oder weniger einer bestimmten Epoche verschrieben, sei es nun die Vergangenheit oder die Zukunft. Mit „Rise of Nations“ betritt ein Spiel die Bühne, das alle Epochen unter einem Hut zu vereinen versucht, von der Steinzeit bis hin zur Moderne. Ob solch ein Vorhaben gelingen kann und dabei ein gutes Spiel herauskommt? Ich werde mal schauen, ob „Rise of Nations“ es geschafft hat.

Mit dem Vorhaben, 6.000 Jahre Menschheitsgeschichte in einem Spiel zu verarbeiten, hat sich Big Huge Games sicherlich kein leichtes Vorhaben ausgesucht. Aber da „Rise of Nations“ keine Kampagne hat und man demnach nicht eine Mission brav nach der anderen spielt, muss die Motivation mit immer neuen Völkern und Einheiten aufrecht erhalten werden. Ich lasse einmal die Zahlen für sich sprechen: 18 verschiedene Völker mit unterschiedlichen Einheiten, Vorteilen und Nachteilen, alleine 32 Entwicklungsstufen auf oberstem Niveau (die bestimmt 100 kleinen Upgrades nicht mitgezählt) und rund zwei Dutzend verschiedene Kartentypen, die jedes Mal aufs Neue zufällig generiert werden.

Als Einzelspieler habe ich zwei Möglichkeiten: die Welteroberung oder ein einzelnes freies Spiel gegen den Computer. Oder ich trete im Netzwerk gegen Freunde und Kollegen an. Im Modus „Welteroberung“ darf ich mir ein Volk aussuchen, ich habe die Qual der Wahl. Das einzig richtige Volk gibt es nicht, aber vielleicht hat man ja persönliche Vorlieben. Danach startet das Spiel und ich befinde mich auf einem Spielfeld, dem von Risiko sehr ähnlich. Jedes Land hat eine andere Farbe, der winzige rote Landstreifen in Südamerika ist in diesem Falle meiner, denn ich spiele die Inka. Ebenfalls an Risiko angelehnt, kann ich meine Armee nun in ein Nachbarland ziehen um dieses anzugreifen, mit diesem Spielzug verlasse ich das Spielbrett und betrete das Schlachtfeld. Hier kann ich nun – wie in anderen Strategiespielen üblich – Gebäude errichten, Rohstoffe abbauen und Armeen gegen meine Feinde schicken. Durch errungene Siege nehme ich das Land in Besitz, erhalte neue Armeen und Rohstoffboni, bis ich schließlich die ganze Welt erobert habe. Das wird zum Ende hin aber immer schwerer, denn schon nach wenigen Runden bleiben meist nur eine handvoll Gegner übrig, die bereits ganze Kontinente erobert haben und die man nur besiegen kann, indem man ihre Hauptstadt einnimmt.

Das freie Spiel kommt ohne das Spielbrett aus, man startet also gleich in der strategischen Ansicht und kann losbauen. Die wichtigste Einheit sind die Arbeiter, die entweder Holz schlagen, Felder bewirtschaften, in Minen nach Erz suchen und später auch Erdöl fördern können. Zu diesen vier Rohstoffen kommen noch Wissen und Reichtum hinzu, Wissen erlangt man durch Universitäten und Reichtum durch den Handel mit anderen Völkern. Alle diese Rohstoffe werden übersichtlich oben links angezeigt, inklusive dem Zuwachs, den man pro Minute erwirtschaftet. Floriert die Wirtschaft, kann ich beginnen Kasernen, Ställe oder Kriegswerkstätten zu bauen, um eine Armee aufzubauen. Mit zahllosen Upgrades kann ich meine Soldaten, Bogenschützen oder Katapulte verbessern. Dreh- und Angelpunkt des ganzen Spiels ist daher die Bibliothek, in der ich Großupgrades durchführe. Es ist eine Sache, Brandpfeile zu erfinden, aber eine ganz andere, die allgemeine Wehrpflicht oder das Steuersystem einzuführen.

In allen Bereichen hält sich „Rise of Nations“ erstaunlich nahe an die Realität, Schießpulver kann man nur entwickeln, wenn man eine bestimmte Zeit erreicht hat und gewisse wissenschaftliche Entdeckungen gemacht hat. Erdöl lässt sich erst ab der Moderne überhaupt finden und sollte dann sehr schnell gefördert werden, da innerhalb kürzester Zeit alle Einheiten Erdöl zur Erstellung brauchen. So kommt es, dass eigentlich jedes Upgrade wichtig ist, ich es aber nie schaffen werde, in einem Spiel alles zu erforschen – um eine Spezialisierung kommt man nicht umhin. Der Realismus geht dann soweit, dass meine Armee ohne Versorgungswagen im feindlichen Gebiet Verschleißschaden erleidet und ich mich nach kurzem Geplänkel zurück ziehen muss. Meine ersten Doppeldecker haben mit der Reichweite zu kämpfen, wogegen die voll ausgebauten Schlachtschiffe meilenweit schießen können. Die taktischen Möglichkeiten sind nahezu unbegrenzt, jedes Spiel ist anders, dabei bleibt „Rise of Nations“ aber sehr übersichtlich und überfordert den Spieler nicht.

Hat man in der Bibliothek beispielsweise die vier Technologien „Stehendes Heer“, „Feudalismus“, „Handel“ und „Chemie“ entwickelt kommt man vom Schießpulverzeitalter in die Aufklärung. Mit diesem Schritt werden aus säbelschwingenden Kavellerieeinheiten welche mit Musketen. Und immer so fort, bis aus dem einfachen Späher am Ende des Spiels ein Hightech-Panzer geworden ist, der Doppeldecker zum Stealthbomber und meine Karawanen keine Kamele mehr, sondern Lastwagen sind. Im freien Spiel entstehen dadurch sehr schnell Gefälle zwischen langsamen (Computer)spielern und dem Rest, denn plötzlich sehen sich Armbrustschützen mit schwerer Artillerie konfrontiert.

Aber Krieg und Zerstörung ist nicht der einzige Weg zum Sieg, denn die Zerstörung sämtlicher Städte eines Feindes oder zumindest dessen Hauptstadt ist nicht immer leicht. Man kann auch einstellen, dass der Spieler, der nach zwei Stunden die beste Wirtschaft besitzt, siegen soll, oder derjenige, der 80% des Territoriums unter seiner Herrschaft vereinigt. Auch der Sieg nach Weltwunderpunkten ist möglich, denn man kann auch die Pyramiden, den Eiffelturm oder ähnliches bauen. Jedes Weltwunder bringt dabei eine gewisse Anzahl an Weltwunderpunkten und weitere Boni wie eine erhöhte Ölförderung beim Eiffelturm.

Neben den Siegbedingungen gibt es auch zahlreiche Spielmodi, „Barbaren vor den Toren“ beispielsweise: Das eine Team startet mit vielen Rohstoffen, eng beieinander und muss sich gegen ein zahlenmässig überlegenes Team verteidigen. Dieses startet mit weniger Rohstoffen und muss versuchen, innerhalb einer angegeben Zeit das andere Team zu vernichten.

Zu guter Letzt hat man noch die Auswahl aus vielen Landschaftsformen: Atlantik mit viel Wasser, Wüste mit wenig Holz, Amazonas mit schmalen Wegen oder Hochland mit einer guten Mischung aus Wald und freier Wiese. Das waren nur vier, der mehr als ein dutzend Möglichkeiten. Es versteht sich von selbst, dass sich eine Wasserkarte erheblich anders spielt, als eine reine Landkarte. Vergisst man zum Beispiel am Anfang das „Geschriebene Wort“ zu entwickeln, können die Arbeiter nichts über Wasser fahren. Eine echte Besonderheit, denn im Gegensatz zu allen anderen Strategiespielen die ich kenne, braucht man bei „Rise of Nations“ keine Transportschiffe. Muss eine Einheit ein Meer überqueren, transformiert sie sich einfach in ein Landungsboot, das sich aber – am anderen Ufer angekommen – klaglos wieder zurückverwandelt. So ist es auch kein Problem, mit riesigen Armeen Meere zu überqueren. Man denke nur daran 30 Panzer mit Transportschiffen zu verschiffen, die jeweils nur drei oder vier Panzer aufnehmen können.

Mit dem Add-On „Thrones and Patriots“ wird das Spiel dann noch einmal komplexer, neben ein paar neuen Völkern und neuen Landschaftstypen gibt es jetzt auch die Möglichkeit, die Staatsform zu wählen. Die Entscheidung zur Diktatur, Monarchie oder Demokratie ist jedem selbst überlassen und hat natürlich Auswirkungen auf die Wirtschaft und auf die Armeen.

Die technische Seite von „Rise of Nations“ wurde gut umgesetzt, eine Mischung aus 2D- und 3D-Grafik zaubert ein wahres Feuerwerk an Effekten und Details auf den Bildschirm. Alle Einheiten sind echte dreidimensionale Objekte, während Gebäude und die Landschaft nur als 2D-Objekt vorliegen. Das kommt der Performance zugute und erlaubt in den drei Zoomstufen eine erstaunliche Detailverliebtheit. Ob Tragetaschen bei den Karawanen oder Blumenkästen an Gebäuden, überall gibt es etwas zu entdecken. Daneben gibt es natürlich auch Rauch- und Nebeleffekte zu bestaunen, etwa wenn Raketen einschlagen oder sich eine große Armee in der Wüste in Bewegung setzt. Ein durchs Meer pflügender Flugzeugträger erzeugt nette Welleneffekte.

Auch die Geräuschkulisse ist beeindruckend vielfältig, alle Einheiten und Gebäude haben andere Sounds. Leider bietet „Rise of Nations“ keinen räumlichen Klang, was sicherlich sehr beeindruckend wäre, wenn eine Atomrakete einschlägt. Neben den normalen Sounds spielen natürlich auch akustische Signale eine wichtige Rolle bei so komplexen Spielen. „Rise of Nations“ bietet hier in den Optionen einige Möglichkeiten, bei welchen Situationen Alarm gegeben werden soll. Im ganzen Getümmel geht die Musik fast verloren, die für Strategiespiele typisch dahinplätschert.

Fazit:

Du spielst gerne Strategiespiele? Dann gehört „Rise of Nations“ auf jeden Fall auf deinen Merkzettel. Bisher ist mir kein Spiel untergekommen, das derart komplex war und auch nach mehreren Spielen nichts von seiner Faszination verloren hat. Die gute Grafik und der recht ordentliche Sound tun ihr Übriges, um „Rise of Nations“ in meine persönliche Top 3 der Strategiespiele zu katapultieren.

Felix Gelpke

Verfügbarkeit

Zu haben ist das Produkt im macinplay-Shop.

Bilder (klicken für mehr)

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