Tomb Raider: The Angel of Darkness

In Paris geht ein Serienmörder um, auf dessen Gewissen bereits 17 Opfer gehen. Wegen des letzten Opfers, Werner von Croy, wird Lara Croft nun von der Polizei gesucht, da sie ihn als letztes gesehen haben soll und daher in dringedem Tatverdacht steht. Um ihre Unschuld zu beweisen bleibt nur ein Ausweg: Den wahren Mörder des Freundes finden, ihn in seinem Versteck aufspüren und der Polizei übergeben. Das hört sich leichter an als es ist, denn den Hinweisen nach handelt es sich beim Täter um einen Psychopathen, der wegen skurriler Bilder okkulte Seriemorde begeht. Ein brisanter Fall, bei dem Lara die Zeit weg läuft…

Eigentlich war Lara Croft ja im vorletzten Teil von Tomb Raider bereits gestorben (oder zumindest lag diese Vermutung nahe), der fünfte Teil stellte eine Art Rückschau da, was in Laras Leben so alles passierte. Und was soll nun der sechste Teil sein? Ist Lara von den Toten auferstanden, spielt die Geschichte zeitlich vor ihrem Verschwinden in Ägypten? Nun ja, Eidos und Core Design wagen mit dem sechsten Teil der Tomb Raider-Serie einen Neuanfang, das Spiel hat also nicht viel mit den Vorgängern gemein, außer eben Lara Croft und ein paar alten Bekannte wie ihrem Mentor Werner von Croy, der ja nun leider verstorben worden ist. Mit diesem Schritt will man an die Erfolge der ersten beiden Teile des Spiels anknüpfen, die leider schon Teil drei bis fünf nicht mehr zu Teil wurden.

Schauen wir uns also diese Neuentwicklung etwas genauer an. Auf den ersten Blick fallen einem keine großen Neuerungen auf, das Spiel steuert sich wie bisher überwiegend mit der Tastatur. Das Navigieren mit den Pfeiltasten funktioniert zwar ohne größere Probleme, eine etwas höhere Präzision wäre aber schon wünschenswert gewesen, so ist die Steuerung etwas schwammig, was dazu führt, dass Lara des öfteren unfreiwillig von einer Kante fallen würde, wenn da nicht eine Art Rettungsfunktion wäre: Läuft man auf eine Kante zu und würde im schlechtesten Falle unten mit gebrochenen Knochen ankommen, dreht sich Lara elegant wie immer um und hält sich im letzten Moment an der Kante fest. Das erspart einem zwar den einen oder anderen Fall in ungeahnte Tiefen, wenn man aber nun Mal über eine Kante laufen will, um herunterzufallen, hängt man erstmal wie ein nasser Sack an der Kante rum und muss explizit loslassen. Es hat also alles seine Tücken – diese Funktion lässt sich leider nicht abstellen und kann sowohl Fluch als auch Segen sein.

Auf jeden Fall will The Angel of Darkness anders sein als die Vörgänger, und das merkt man schon im ersten Tutorial-Level, denn alles ist etwas düsterer als zuvor. Alllzu oft mahnt Lara zur Eile, schließlich ist einem die Polizei auf den Fersen und so hetzt man über die Dächer von Paris, im strömenden Regen mehrmals schon fast auf dem Asphalt zehn Meter unter einem liegend und letztendlich am Ende des ersten Levels in einem Haus, dass die Polizei nach wenigen Sekunden Verschnaufen mit Tränengas versieht. Erst im darauf folgenden Abschnitt wird es ruhiger, für Anfänger ist dass vielleicht am Anfang etwas zu viel, denn gerade das Wettrennen gegen das Tränengas klappt erst beim zweiten oder dritten Anlauf. In den Schauplätzen danach besuchen wir die Straßen von Paris, brechen in den Louvre ein und stoßen schließlich auf eine uralte Grabstädte darunter. Alle Hinweise verdichten sich, dass der unbekannte Serienmörder mit Hilfe der fünf Bilder einem alchimistischen Geheimnis auf der Spur ist. Die volle Tragweite dieses Geheimnisses erfährt Lara schließlich in einem Bio-Labor eines gewissen Meister Eckhardt.

Wo wir gerade bei feindlichen Kreaturen im Spiel sind, die Schießerei aus den letzten Teilen scheint endgülig ein Ende gefunden zu haben. In den ersten Leveln bringt es einem nichts, gegen die ohnehin nicht erreichbaren Polizisten anzutreten, in späteren Leveln beschränkt sich die Anzahl der Gegner auf vielleicht Fünfzig, die Hälfte davon Ratten und Fledermäuse wie im ersten Teil der Tomb Raider-Serie. Anscheinend wird endlich wieder mehr Wert auf Geschicklichkeisteinlagen, Puzzlespiele und lustiges „Such-den-Schalter-A“ gelegt. Durch den neuen Schleichmodus kann sich Lara nun auch an Gegnern vorbeischleichen, was dem Spiel ganz neue Aspekte verleiht, wenn dabei auch kein Splinter Cell herausgekommen ist.

Ebenfalls neu ist, dass man mit einigen Menschen in Paris oder Prag auch reden kann, eine Funktion die ich mir schon sehr lange wünsche. Je nachdem, wie man mit seinem Gesprächspartner umgeht, wird dieser einem helfen oder vielleicht gleich ans Leder wollen. Die meisten Lebewesen, die uns begegenen sind uns jedoch böse gesinnt und müssen irgendwie beseitigt werden. Skelette lassen sich zum Beispiel nicht erschießen, aber man kann sie in Gruben drängen, aus denen sie nicht entkommen.

Für die verletzbaren Gegner gibt es ein recht großes Arsenal an Waffen. Leider kommt Lara nicht mehr von Haus aus mit ihren Doppelpistolen. Ganz zu Beginn hat sie sogar überhaupt keine Waffe und muss erst einmal eine zur Verteidigung auftreiben. Von Pistolen wie der Desert Eagle bis hin zu Maschinenpistolen mit und ohne Schalldämpfer ist immer etwas Passendes zu finden. Daneben gibt es auch einige Spezialwaffen wie den K2 Impactor, der Stromschläge verschießt und so Gegner lautlos und schnell aus dem Weg räumt. Das Gleiche kann man auch mit der Dartpistole erledigen, das Gift wirkt aber nicht bei allen Gegnern, zum Beispiel sind die gentechnisch veränderten oder wie auch immer sonst entstanden Kreaturen dagegen recht immun. Sehr erfreulich ist außerdem, dass Lara jetzt ohne Waffe einen Gegner mit Faustschlägen und Fußtritten erledigen kann. Dazu benötigt man die CTRL und ALT Tasten auf der Tastatur. Diese Art des Kampfes war auch schon ein langer Wunsch von mir, die Indy schon lange drauf hatte.

An einigen Stellen kann es dem Spieler passieren, dass Lara sagt, eine Kiste sei zu schwer zum Schieben oder der Sprung zu weit. Abhilfe findet man meistens durch eine andere Kiste oder durch irgendeine andere Aktion, die Lara stärker, schneller oder weiter springen lässt. Das ist das neue Charaktersystem von Lara, nicht besonders ausgefeilt und meistens ist es nervig, kommt man an einer Stelle nicht weiter, nur weil man irgendeine Kiste nicht findet, die einen stärker macht. Zum Glück sind diese Level-Up Gegenstände meist in unmittelbarer Nähe des problematischen Gebietes oder Gegenstandes. Es lohnt sich also immer nach Kisten, Truhen, Seilen, Ketten und Türen Ausschau zu halten, die man benutzen kann, um besser zu werden. Gerade die neuen Bewegungsmöglichkeiten wie Regenrinnen herauf und herunter klettern, diagonal an Wänden emporsteigen und fließend zwischen diesen beiden Möglichkeiten zu wechseln erlauben eine einzigartige Levelgestaltung. Wichtig dabei ist noch, dass Lara über eine Anzeige verfügt, wie lange sie sich noch an dieser Kante halten kann ohne abzurutschen, ähnlich der Sauerstoffanzeige beim Schwimmen. Oft sind die Kletteraufgaben sehr knapp angelegt und Lara schafft es im letzten Moment noch auf die sichere Plattform.

Der Schwierigkeitsgrad liegt überwiegend im guten Mittel, einige Passagen erfordern schon starkes Querdenken, zum Beispiel wenn man quer über einem Abgrund an einem Drahtseil klettern muss, das man gegen den dunklen Himmel kaum sieht. Erschwerend kommt hinzu, dass in einigen Situationen die Kamera eine feste Position einnimmt, was die Steuerung etwas kompliziert macht. Insgesamt gesehen entsteht aber kaum Leerlauf im Spiel, immer gibt es irgendwo einen Absatz oder eine Wand zum Klettern. Das man nun auch ein Notizbuch hat, ist schön, dass darin leider kaum relevante Dinge stehen, wie „Wo muss ich in diesem Level hin?“ ist dagegen schade. Viele Einträge sind kaum mehr als einen Satz lang, kein Vergleich zu echten Rollenspielen.

Aber es gibt auch einige Stellen, die sorgen für Kopfzerbrechen. Die „Halle der vier Jahreszeiten“ ist eine solche Stelle. Hier braucht man erst einmal einige Anläufe um das System zu verstehen und will man nicht alle paar Meter speichern und laden wird man Lara einige Male um den „Block“ schicken müssen. Eine Art Zwischengegner stellt der rote Geist dar, der das erste der fünf Gemälde bewacht. Erst mit einer Komplettlösung wusste ich überhapt worum es geht, die Lösung gelang mir aber trotzdem nicht, weswegen ich mir dann einen Speicherstand nach diesem Kampf besorgt habe, damit es weiter ging. Und bei vielen anderen Fallen und Problemen geht es ähnlich: Man muss erst durch Try & Error herrausfinden, was man eigentlich machen soll, ein etwas stärker Hinweis durch Lara auf bestimmte Orte und Aktionen würde das Spiel zwar etwas leichter erscheinen lassen, dafür würde Lara aber nicht minutenlang ohne Plan in einem Raum rumrennen, nur um irgendwann durch Zufall weiterzukommen.

Eine weitere schwierige Stelle beziehunsgweise Stellen sind die, bei denen man in die Rolle von Kurtis Trent schlüpft, ein Mann der den Tod seines Vaters durch Eckhardt rächen will und zunächt gegen Lara zu arbeiten scheint, sich aber gegen Ende mit ihr zusammenschließt. Die Steuerung von Kurtis ist aber schlechter geworden als die von Lara, dabei muss er einige der Endkämpfe austragen. Bei diesen stört vor allem die Kameraführung durch das automatische Zielen ganz enorm, ein platzierter Treffer auf bestimmte Bereiche, die Endgegner meist so an sich haben, wird damit zum reinen Glücksspiel.

Ohne das furiose Ende jetzt vorwegznehmen, es geht natürlich am Ende nicht mehr nur um einen durchgeknallten Serienmörder, der reinzufällig auch Werner von Croy getötet hat. Und den eigentlichen Drahtzieher der ganzen Morde und der Hatz nach den Bildern lernen wir auch erst am Ende kennen. Der finale Kampf ist aber leichter geraten, als die Zwischengegner wie Boaz. Alles in allem aber ein sehr würdiges Ende für ein gutes Spiel, für das man circa 35 Stunden reine Spielzeit einplanen sollte.

Nicht verschweigen will ich die neue Grafikengine, die deutlich aufpoliert wirkt. Ganz neu entwickelt zaubert diese nun dynamisches Licht mit echten Schatten, Partikeleffekte wie Rauch, Regen oder Schnee und detailierte Texturen auf den Monitor. Gerade das farbige und dynamisch berechnete Licht sorgt wir stimmungsvolle Ausleuchtungen der einzelnen Räume. Leider nicht ganz konsequent durchgezogen wurde die Liebe zum Detail in den einzelnen Leveln: Während die Wachstuben im Louvre sehr detailiert erstellt wurden und mit kleinen Gimmicks nur so um sich werfen, sehen die Katakomben eher karg aus. Aber im Gegensatz zu den Vorgängern kann man nicht mehr an jeder Ecke erkennen, dass alle Objekte aus Blöcken bestehen. Schön ist es, dass Leitern nun mehr nicht eine Textur auf einer Wand sind, sondern echte 3D-Objekte die man von allen Seiten bestaunen kann, dasselbe gilt natürlich für die Regenrinnen.

Ebenfalls gut gelungen sind die vielen neuen Animationen von Lara, sei es nun wie sie sich im letzten Moment an Kanten festhält und mit einer Hand abrutscht, oder dass sie nun diagnonal klettern kann und auch überstehende Abhänge ohne Probleme erklimmt. Die Animationen wirken sehr geschmeidig, was mir Lara sehr sympathisch macht. Die anderen Protagonisten des Spiels profitieren von diesen Neuerungen nur minimal, noch immer hat Lara deutlich mehr Polygone als alle anderen Modelle. Auch dabei ist eine Physikengine, die sich aber anscheinend darauf beschränkt, dass Laras Brüste beim Laufen in Bewegung geraten. Traurig – aber wahr.

Für hoch aufgelöste Texturen, viele Lichteffekte und komplexe Schatten braucht man eine gewisse Rechnepower, will heißen: Mit einer Grafikkarte wie einer Radeon 9000 Pro oder Geforce3 reicht ein 700 MHz schneller Mac. Liegt die Grafikkarte unter diesem Niveau sollten es schon mindestens 1000 MHz sein, damit man flüssig spielen kann. Das Spiel profitiert außerdem von Shadern Version 2.0, die ab der Radeon 9600 Pro unterstützt werden, mangels einer geeeigneten Grafikkarte konnte ich den Effekt nur auf einem PC erleben: Dächer glänzen Nass im Regen, die Böden des Louvres glänzen wie gebohnert und man kann sein Spiegelbild beobachten. Auch sehr nett sind die Wasser-Shader, die sehr ansehnliche Wellen erstellen können, oder das Flimmern der Luft bei extremer Hitze. Zunächst habe ich gedacht hier gäbe es irgendeinen Bildfehler, aber das Flimmern ist echt.

Für audiophile Menschen bietet The Angel of Darkness leider nur mittelmäßige Kost, bis auf den Titeltrack vermisst man die Musik fast vollständig im Spiel. Nur an bestimmten Stellen werden kurze Fragmente eingespielt, müsste ich genau sagen, wie diese sich anhören, ich könnte es nicht, zu kurz sind die Spielzeiten. Die sonstige Geräuschkulisse ist akzeptabel umgesetzt, nur unter Wasser gluckert es mir etwas zu komisch. Wie bei deutschen Versionen üblich, lassen die Snychronsprecher zu wünschen übrig.

Unter den unten aufgeführten Links gibt es eine Menge Tipps und Tricks teilweise speziell für die Mac-Version, unter anderem auch ein paar Savegames nach Recht kniffligen Stellen wie dem roten Geist. Da man mit der Mac-Version anscheinend nicht ohne weiteres Screenshots machen kann, erwähne ich noch, dass die Screenshots dieses Testes mit der PC-Version von Tomb Raider TAOD gemacht wurden und daher nicht dem entsprechen was ich auf meinen G4 mit Radeon 9000 Pro gesehen habe, siehe dazu auch etwas weiter oben die Problematik mit den Shadern.

Die deutsche Version hat übrigens einen kleinen Bug: Bei den Medipacks wird anstatt des Prozentwerts, wieviel Gesundheit sie wieder herstellen, eine merkwürdige Zahl ausgegeben. Die Lösung des Problems ist eine kleine Datei namens „Text_GR.DB“ im Ordner „locale“.

Nachtrag:
Nach neuesten Erkenntnissen gibt es keinen der oben besonders hervorgehobenen Effekte auf dem Mac, weder mit älteren noch mit neueren Karten wie zum Beispiel einer Radeon 9800 Pro. Das ist leider sehr schade und liegt laut ASPYR am mangelnden Support für Shader durch OpenGL in Mac OS X.

Fazit:

Trotz der etwas schwierigen Steuerung ist Tomb Raider Angel of Darkness durchweg zu empfehlen, der Schwierigkeitsgrad ist gut ausbalanciert, man hat viele Geschicklichkeitstest zu bestehen und muss weniger Schießen als in den Vorgängern. Außerdem wurde diesmal anscheind wieder Wert auf eine Hintergrundgeschichte gelegt, was die Atmosphäre sehr dicht werden lässt und einen bis in die späten Nachtstunden motiviert doch „nur noch diesen Level“ zu spielen.

Felix Gelpke

Verfügbarkeit

Zu haben ist das Produkt im macinplay-Shop oder bei Amazon.de.

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