XCOM: Enemy Unknown
1 – Kleine Geschichte von XCOM
2 – Wenig Bewegung und Kameraoptionen
3 – KI in Sicht
4 – Spezial in allen Fällen
5 – Schön und wenig: Ausrüstung
6 – Zurück zur Basis
7 – Grafik, Effekte und Performance
8 – Auch mal Aliens spielen
9 – Fazit
10 – Screenshots
11 – Infobox
Kleine Geschichte von XCOM
Es ist eine Weile her, als ein Spiel, das generell unter dem Namen „Ufo 1“ bekannt war, die Szene entzückte. Genau 20 Jahre sind vergangen, seitdem UFO: Enemy Unknown für Furore sorgte. Die meisten der danach erschienenen Titel konnten die Fach- und Fanwelt nicht überzeugen. Das lag vor allem daran, dass die jeweiligen Studios zu viel an Gameplay und Aussehen veränderten. Überraschenderweise ist das Studio Firaxis, dass in erster Linie für Strategiespiele wie Civilization bekannt ist, jetzt auf die Idee gekommen, den Klassiker wiederzubeleben.
Die lang erwartete Neuauflage XCOM: Enemy Unknown ist nun auch für den Mac erschienen und wir haben das Spiel auf Herz und Nieren getestet und dabei eine Menge Parallelen zum Klassiker untersucht.
Wenig Bewegung und Kameraoptionen
Die Mischung zwischen Simulation, Rollenspiel und rundenbasierter Action startet mit einer Mission. Fünf Rekruten sollen auf einem Friedhof Alienaktivitäten beenden. Es regnet. Die Bedienung ist modern angelegt: Der Mauszeiger bekommt einen durchsichtigen Rahmen, um die Figur wirklich zu erfassen. Zudem helfen entsprechende Markierungen einzuschätzen, wohin sie ziehen kann, um dann noch eine Handlung auszuführen, oder eben nicht. Schon hier fallen, trotz der hübschen Grafik, Veränderungen zum Klassiker negativ auf. So ist es nicht nachvollziehbar, warum die Einheiten nicht mehr stufenweise vorrücken können. Bei der Neuauflage gibt es immer zwei Zonen: In der blauen ist es möglich eine weitere Handlung vorzunehmen, in der gelben nicht. Das heißt, dass ich meinen Soldaten nicht zwei Felder vor setzen kann, dann nochmal zwei und dann nochmal zwei – auch wenn er dann noch innerhalb der gelben Zone wäre. Oder anders gesagt: Bewege ich meine Figur einmal, ist es vorbei. Wenn ich noch in der blauen Zone bin, kann ich weiter bis zur gelben ziehen und dann nichts mehr tun. In der gelben ist der Zug der Figur sofort zuende. Beim Klassiker konnte ich meine Bewegungseinheiten frei aufteilen. Das endete zwar in ein bisschen Rechnerei, dafür war ich sehr flexibel. Positiv ist, dass die Einheiten nicht mehr hingesetzt werden müssen, sie ducken sich automatisch hinter entsprechender Deckung. Schade, dass die Figuren jetzt nicht mehr – ihren Fähigkeiten entsprechend – mehr als eine Kampfhandlung drauf haben. Ich kann mit jedem, sei er auch noch so gut, gehen und schiessen. Das war’s. Sehr gute Soldaten bei UFO konnten bei kurzer Bewegung auch noch schiessen und etwa einen Ausrüstungsgegenstand ziehen. XCOM macht keine Unterschiede, wie weit (innerhalb erwähnter Zonen) sich eine Figur bewegt hat: Bewegt ist bewegt. Das ist besonders ärgerlich, wenn etwa der Dritte in der Reihe nun plötzlich Gegner sieht, alle sich aber schon ein wenig bewegt haben.
KI in Sicht
Wenig flexibel zeigt sich auch die Kamerasteuerung. Es gibt weder eine freie Rotation noch einen Zoom. Die Sicht übernimmt in vielen Fällen der Rechner, was häufiger mal zu merkwürdigen Ergebnissen führt. So sehe ich meine zwei Kämpfer nur klein an einer Straßenecke stehen, weil der Rechner die Kamera an der Höhe des Hauses anlegt. In der Praxis wechselt man häufig den Ansichtswinkel, um die optimale Sicht zu erlangen. Eine freie Kamera wäre sehr hilfreich und technisch wohl nicht unmöglich gewesen. Hübsch anzusehen ist hingegen der Cinema-Effekt, der automatisch Schüsse und die Bewegungen des Letzten in der Runde mit einer Spezialkamera begleitet, die durchaus zoomt. Auch wenn einige der hübsch gestylten Aliens erscheinen, bekommen sie eine kleine Extrasequenz. Das ist gut gemacht, auch wenn der Gruselfaktor nicht besonders hoch ist. Wer sich mit der Bedienung angefreundet hat, kann seine Aufmerksamkeit ganz dem Geschehen auf der Karte widmen. Wesen unterschiedlichster Art tauchen in schöner Regelmäßigkeit auf und suchen Deckung, um meine Mannen im Anschluss anzugreifen. Die KI ist dabei ausgewogen, die Viecher ziehen sich zuweilen auch zurück, regruppieren sich und suchen ständig Deckung. Sie schießen zum Teil erschreckend gut und bewegen sich geschickt auf den abwechslungsreichen Karten.
Spezial in allen Fällen
Während zu Beginn der Karriere jede Figur als Rekrut startet und damit weder Spezialfähigkeiten noch Waffenauswahl hat, steigen die Soldaten mit der Zeit auf und spezialisieren sich. Dabei stehen vier Kategorien zur Verfügung: Sturm, Schwer, Unterstützung und Scharfschütze. Leider kann man nicht, wie beim Vorgänger, selbst entscheiden, welche Ausbildung man wem angedeihen lässt. XCOM: Enemy Unknown legt eigenständig die Kategorie des jeweiligen Soldaten fest. Das führt dazu, dass ich, als zwei meiner Sturmsoldaten verletzt flach liegen, keinen mehr zur Verfügung habe, dafür aber fünf Scharfschützen. Außerdem kann die Klasse nicht gewechselt werden.
Eingeschränkt hat man auch die Anzahl und Relevanz der Attribute. Während zuvor Stärke und Ausdauer etwas mit dem möglichen Gepäck und der Bewegungsreichweite zu tun hatten, fehlen diese Attribute bei XCOM. Dort sind lediglich „Zielsicherheit“ und „Wille“ festgelegt. Letzteres ist für die telepathischen „PSI“-Angriffe von Bedeutung. Der Offensiv- und Defensivwert werden von Bewaffnung, Zusatzfähigkeiten und Rüstung festgelegt. Dabei ist verwirrend, dass in der Kaserne der „TP“-Wert z.B. in „8+3“ angezeigt wird. Im Missionsmodus hat derselbe Soldat aber einen Offensiv-Wert von „90“. Wenn man schon nur so wenige Werte zulässt, hätte man sie wenigstens einheitlich gestalten können. Insgesamt zeigt sich, dass XCOM eher den Soldaten Attribute nach ihrer Klassifizierung verpasst, während bei UFO die Attribute zu einer (selbstgewählten) Klassifizierung führten. Das schränkt die Handlungsfreiheit ein.
Sehr gut gefallen hingegen die Spezialfähigkeiten, die je nach Rang freigeschaltet werden können. Hierbei gibt es je Rang meistens die Möglichkeit aus zwei Varianten zu wählen. Zum Beispiel kann der Scharfschütze bei seiner Beförderung zum Captain wählen, ob er „Scharfrichter“ oder „Opportunist“ sein möchte. Ersterer erhöht den Schaden beim Zielen auf Feinde mit einer Gesundheit unter 50 Prozent, während die Alternative die Zielgenauigkeit und den Schaden des Reflexschusses verbessert. Einige Fähigkeiten müssen in der Mission eigens angewählt werden und brauchen Aufladezeit, um wieder verwendet werden zu können. Andere sind dauerhaft aktiv.
Hier stört leicht die starre Begrenzung auf die jeweilige Klasse. Vielleicht möchte ich meinem Unterstützungscorporal auch einen verbesserten Reflexschuss angedeihen lassen? Bei den Rollenspielanteilen ist am ehesten noch die Individualisierung gelungen. Die Änderungsmöglichkeiten sind umfassend und absolut gelungen. Von Name, Ethnie, den Gesichtszügen bis zur Bartform und über 30 Rüstungsfarben, um nur einige Möglichkeiten zu nennen, geht die Bandbreite. Einzig, warum die Nationalität unveränderbar ist, ist unverständlich. Dass die Einheiten dann als – im wahren Sinne des Wortes – bunter Haufen in den düsteren Umgebungen agieren, ist zwar realitätsfremd, sorgt aber für erheiterte Spieler und gute Sichtbarkeit.
Schön und wenig: Ausrüstung
Auch bei der Ausrüstung hat XCOM an Flexibilität verloren. Waffen für bestimmte Klassen können nur diese Soldaten tragen. Jeder Soldat kann seine Hauptwaffe nur aus einer (je nach fortgeschrittener Forschung und Produktion) begrenzten Auswahl wählen. Eine Pistole ist Pflicht, zusätzlich gibt es nur einen Slot, der etwa eine einzelne Granate aufnimmt. Ein Rucksack fehlt. Dafür muss keine Munition mehr mitgeschleppt werden, der unbegrenzte Nachschub an Magazinen sorgt für Erleichterung. Dementsprechend unmöglich ist Doppelhändigkeit. Unpraktisch ist auch, dass die Soldaten in der Schlacht keine Ausrüstungsgegenstände untereinander austauschen können. Insgesamt wäre mehr Platz für Waffen und Werkzeuge schön gewesen. Die Rüstungen sind sehr gelungen und bieten durch ihre Sonderfähigkeiten (Flug, Wurfhaken) eine gewisse Finesse.
Die Menge der Ausrüstungen für die Abfangjäger findet keine Kritik. Allerdings war es in den beiden Testspielen durchaus so, dass die teuer entwickelten Tools am Ende zu wenig zum Einsatz kamen, da es insgesamt recht wenig Schiffskämpfe gab.
Zurück zur Basis
Seinen besonderen Reiz gewinnt XCOM, wie auch schon sein historischer Vorgänger, durch die Erforschung, die Produktion und die Basisverwaltung. Es ist eine besonders schöne Idee der Macher von Firaxis, dass die Basis unterirdisch liegt und in den diversen Modulen beobachtet werden kann, was gerade vor sich geht. Hier ist erstaunlicherweise der stufenlose Zoom möglich. Die Leiter der jeweiligen Abteilungen sind recht mitteilungsfreudig, auch außerhalb ihrer Gewölbe. Die ganze Verwaltung ist grafisch ausgezeichnet und auch spieltechnisch sehr gut gelöst.
Die Kinoszenen, bei Forschungsabschluss etwa, sind genau richtig verteilt. Es macht viel Spaß zu sehen, wie die eigens beim Einsatz geborgenen Teile in der Forschung untersucht werden, die Produktion daraufhin etwas Neues anfertigen kann und am Ende die Truppe die Neuheiten bei der übernächsten Mission erfolgreich verwendet. Es war etwas traurig, dass der Forschungsbaum relativ schnell abgearbeitet war. Die ganze Aufmachung der erforschten und produzierten Gerätschaften ist ein klares Plus bei XCOM: Enemy Unknown.
Der Basisausbau macht viel Spaß, hier stehen viele Gebäude bei begrenztem Geld zur Verfügung, so dass gut überlegt sein will, welchen Weg man einschlägt. Die internationale Gemeinschaft („Der Rat“) bewertet regelmässig das Quartal und schüttet entsprechend Geld aus. Ansonsten kann auch aus dem Verkauf am Schwarzmarkt und der Erfüllung von Aufträgen Bares in die Kasse gespült werden. Zwei zusätzliche Einrichtungen bringen noch mehr Abwechslung ins Spiel: Sowohl in der Offiziersschule, als auch in der Gießerei können taktische Updates unterschiedlichster Art und Weise beauftragt werden. Insgesamt gibt es so viel zu bauen, zu erforschen und zu installieren, dass XCOM auch nach dem Durchspielen noch interessant bleibt, weil viele Möglichkeiten liegen geblieben sind. Außerdem kommen durch das integrierte Zusatzpack einige Optionen hinzu („Zweite Welle“), wenn das zweite Spiel begonnen wird.
Grafik, Effekte und Performance
Wie bereits mehrfach angedeutet, sieht XCOM gut aus, auch wenn man der Unreal-Engine ansieht, dass sie den Anschluss an andere Grafikengines nicht halten konnte. Wer sich etwa aktuelle Shooter ansieht, dem werden XCOMs Texturen matschig vorkommen. Dennoch sind die Figuren, die Umgebungen und nicht zuletzt die Aliens liebevoll kreiert und gut in Bewegung gesetzt. Dazu kommt ein sehr anständiger Sound, sowohl auf FX- als auch auf Musik-Ebene. Die dunklen Ecken der Nachtkarten verfehlen ihren Effekt nicht, trotz eines leichten Spielzeugfiguren-Flairs macht sich düstere Atmosphäre breit. Dazu tragen die unheilvollen Geräusche der außerirdischen Invasoren ihren Teil bei. Schöne Lichteffekte bilden das Sahnehäubchen auf der gelungenen Atmosphäre. Die Performance war auf dem Testrechner (i7 3.4 Ghz., 2Gb ATI Radeon 6970, 12Gb RAM) immer gut, auch wenn zum Teil einige Zeit verging, bis sich die Herren Alien in ihrem Zug mal bewegten.
Auch mal Aliens spielen
Komplett neu ist der Multiplayer-Teil des Spiels. XCOM: Enemy Unknown gestattet Spiele über GameRanger und im LAN. Der Titel ist noch recht neu am Markt, daher ist es nicht leicht Mitspieler über GameRanger zu finden. Der Multiplayer-Modus ist gut durchdacht. Über eine im voraus definierte Punktezahl kann ein Team zusammengestellt werden, dabei kosten sowohl die Klassen, als auch jeder Ausrüstungsgegenstand Punkte. Firaxis hat dem Netzwerkspiel noch einige neue Spezialisierungen spendiert, so kann zum Beispiel der Sturm-Soldat als „Späher“, „Kommando“ oder „Schütze“ eingeteilt werden. Die Spieler müssen nach dem Start auf einer der fünf Karten in einer festgelegten Zeit – voreingestellt sind 120 Sekunden – ihren Zug absolvieren. Immer abwechselnd schieben sich so die Einheiten voran.
Der große Spaß liegt in gemischten Teams aus Aliens und Soldaten, da quasi jede im Spiel verfügbare Einheit wählbar ist. Auch wenn man vorher schon das eine oder andere Extra der Aliens vermutet hat, im Multiplayerspiel sieht man es schwarz auf weiß. Die verschiedenen „Zauber“, Specials und Fähigkeiten bringen die richtige Würze ins Spiel. Ansonsten ist es schon eine taktische Leistung sich ein Team zusammen zu stellen, das Bestand hat. Wählt der andere etwa viele robotische Einheiten, brauche ich nicht viel Geld in PSI-Kämpfer zustecken. Doch man weiß es vorher eben nicht. Auch während des Spieles bleibt spannend, welche Einheiten im Laufe der Züge noch aus dem Nebel auftauchen. Im Test funktionierte das Alles reibungslos. Hier ist es allerdings ärgerlicher, wenn es, wie im Solospiel, immer mal Probleme mit der Ansicht gibt. Schließlich laufen die Züge nach Zeit.
Fazit
Trotz der genannten Nachteile, speziell, wenn der Vorgänger bekannt ist, zieht XCOM den Spieler innerhalb kürzester Zeit in seinen Bann. Dadurch, dass sich alles ständig weiterentwickelt (Soldaten, Gegner, Basis, Forschung und Gegenstände), kommt keine Langeweile auf und der Suchtfaktor steigt. Zudem ist XCOM auch auf „Normal“ (darüber befinden sich noch zwei Schwierigkeitsstufe, darunter eine) fordernd: Man sollte einige Opfer akzeptieren und muss die Unterstützerländer genau im Auge behalten. Immerhin ist die Grenze von acht Aussteigern hoch angesetzt, allerdings ist das Spiel dann auch einfach zu Ende. Der automatischen Speicherung ist nicht zu trauen, denn sie speichert immer am Ende des Zuges – das heißt, wenn der Kollege schon tot ist. Wem seine Einheiten zu sehr ans Herz gewachsen sind, der sollte häufiger mal speichern, denn die Aliens tauchen häufig überraschend auf und die eigenen Leute sterben schnell. Die Umsetzung auf dem Mac ist gelungen. Feral Interactive, die freundlicherweise die Kopie zur Verfügung stellten, hat wie gewohnt gute Arbeit geleistet. Insgesamt ist XCOM: Enemy Unknown bei aller Kritik ein fesselnder Spielspaß, der schnell süchtig macht.
Screenshots
Infobox
Name: XCOM: Enemy Unknown
Getestete Version: 1.0.1
Altersempfehlung: 16 (USK), 18 (PEGI), 17 (Apple)
Sprachen: Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch, Japanisch, Koreanisch, Polnisch, Russisch, Spanisch
Mindestvoraussetzungen: Mac OS 10.7.5, Intel 2.0 Ghz., 256Mb Grafikkarte (Ohne ATI X1xxx, ATI HD2xxx, Intel GMA, Nvidia 7xxx und 8xxx Serie), 4Gb RAM Arbeitsspeicher (8Gb bei Intel HD3000, Nvidia 9400 und Nvidia 320M), 15Gb Festplattenplatz, Internetverbindung für Multiplayerspiele
empfohlene Voraussetzungen: Mac OS X 10.8.3, Intel 2.4 Ghz., 512Mb Grafikkarte, 8Gb RAM, Joypad.
macinplay-Testsystem: Mac OS 10.7.5, Intel i7 3.4 Ghz., 2GB Radeon 6970M, 12GB RAM
macinplay Empfehlung: –
Bugs: –
Positiv: Gute Grafik, guter Sound, sehr gute Effekte, gutes Gamesplay, gute Atmosphäre, top Multiplayer
Negativ: Idee nicht ausgereizt, weniger Optionen als Ur-Version, Ansichten eingeschränkt/ zuweilen fehlerhaft
Folgekosten: keine
Werbung: keine
Von Raimund Schesswendter