Beach Head 2000

Ein Mann. Ein Bunker. Ein Flak-Geschütz. Und tausende Feinde fluten an Land. Beach Head 2000 ist da.

Die Verpackung sieht nett aus, sehr aufwändig gestaltet. Vorne drauf eine erhabene Prägung, dazu komm noch glänzender Lack, der über dem Mündungsfeuer liegt und für zusätzlich edles Aussehen sorgt. Das Cover lässt sich aufklappen, und drinnen breitet sich ein Panorama-Bild des Strandes aus, auf dem du in einem Bunker sitzt und ganz alleine und verlassen die Invasion einer Armee aufhalten sollst.

Und das war eigentlich schon alles, was es an Positivem über dieses Spiel zu berichten gibt. In der US-Verkaufsverpackung dieses nie offiziell in Deutschland erschienenen Machwerks befindet sich eine CD-ROM und ein CD-ROM-Booklet, das das Handbuch darstellt. Etwas wenig für ein derart aufgeblähtes Produkt… Beach Head 2000 ist ein Arcade-Shooter, und als solcher phantasielos und zu einfach. Ohne Mühe habe ich es in den zwölften Level geschafft, und das auch nur, weil ich dieses Review schreiben wollte, sonst wäre ich schon vorher gegangen und hätte etwas Sinnvolles gemacht, zum Beispiel Fenster putzen oder Wäsche aufhängen. Jetzt habe ich das Spiel gesehen, schreibe das Review und putze danach die Fenster.

Nach dem Start des Spiels zeigt sich sehr schnell, dass der blumige Text der Box pures Marketing-Blabla ist, das nichts mit dem Inhalt zu tun hat.

Fangen wir mal oben in der Feature-Liste der Box an:

Die Box sagt: „Unendliche Level pulstreibender Action“.
Soll heißen: Du sitzt wie doof in einem Bunker an einem namenlosen Strand und wartest darauf, dass feindliche Landungsboote an den Strand geschwemmt werden. Sobald sie gelandet sind, eröffnest du das Feuer auf die sie verlassenden Fußsoldaten. Wenn alle dieser armen Schweine tot sind (das Sterben wird mit einem von zwei oder drei zur Verfügung stehenden Schreien untermalt), geht es in den nächsten Level. Nanu? Sieht ja gleich aus! Nein, falsch! Die Landungsboote landen nun an einer anderen Stelle. Heißt „unendliche Level“ etwa nur, dass die Ziele zufallsgeneriert erscheinen? Umwerfend.

Die Box sagt: „Non-Stop Hardcore-Shooting-Action, die das Drama eines militärischen Konflikts simuliert“.
Soll heißen: Mit jedem Level kommt entweder ein Landungsboot dazu oder der Feind bietet dir ein neues Ziel. Anfangs hast du nur eine Waffe, eine doppelläufige 30-mm-Flugabwehrkanone. Mit dieser schießt du die landenden Landser ab. Seltsam dabei: Dir steht keinerlei Zielvorrichtung zur Verfügung und musst grob schätzen, wohin du triffst. In späteren Leveln gibt es dann noch eine 76-mm-Panzerabwehrkanone, Raketen gegen Luftziele und einen Artillerie-Angriff, bei dem du nur das Zielgebiet bestimmen kannst, nicht jedoch selbst zielst. Ansonsten steht dir noch – falls alle Stricke reißen – eine .45-Kaliber Pistole zur Verfügung. Ich habe mit ihr schon einen Kampfjet vom Himmel geholt. Alle paar Dezisekunden fliegt ein Transporter über den Bunker hinweg, der entweder neue Munition für die Flak oder aber eine Kiste abwirft, die den Bunker auf wundersame Weise repariert. Diese Kisten müssen abgeschossen werden, damit der Powerup wirkt. Wenn damit das „Drama eines militärischen Konflikts“ simuliert werden soll, dann gute Nacht.

Die Box sagt: „Photorealistische 3D-Grafik (Hardware 3D-Beschleunigung nicht erforderlich)“.
Soll heißen: Der Strand besteht aus einer langweiligen Textur, deren Pixeligkeit sich nur ertragen lässt, wenn man die Monitorauflösung per Tabulator-Taste verringert – damit wird das Fenster des Spiels kleiner, leider auch die Ziele, und die lassen sich plötzlich gar nicht mehr so gut treffen (weil kaum noch sichtbar). Mit Verringerung der Fenstergröße erhöht sich außerdem die Spielgeschwindigkeit dramatisch. Zugegeben – die Explosionen sehen gut aus, besonders die Einschläge im Wasser. Der Rest besteht aus vorgerenderten Sprites und ist mitnichten 3D. Das einzige Sprite, das bei Beach Head 2000 photorealistisch wirkt, ist übrigens die Getränkeflasche, die zufälligerweise neben meinem Rechner steht. Hardware-3D-Beschleunigung wäre pfiffig gewesen, weil dann mein 266 MHz-iMac beim Drehen des Geschützturms nicht ins Ruckeln kommen würde. Übrigens ruckelt es auch auf einem G4 mit 533 MHz und ATI Radeon 8500 Pro stark – ein Rechner, der noch nicht einmal am Horizont zu ahnen war, als das Spiel auf den Markt kam. Und außerdem wäre MacSoft gut beraten, einen Patch nachzuschieben, der das ätzende Flimmern der Statusanzeigen behebt. Daneben gibt es noch einen hässlichen Grafikfehler, der immer dann auftaucht, wenn ein Flugobjekt auf den Bunker im Anflug ist und von hinter dem Horizont kommt – der Himmel „reißt“ kurz auf, und heraus kommt das Flugzeug. Und die Landungsboote tauchen auf halber Strecke zwischen der feindlichen Armada auf See und deinem Strand ganz plötzlich (!) auf. Besser wäre gewesen, wenn die Entwickler die erste Hälfte der Strecke einfach eingenebelt hätten. A propos Nebel: Die Schiffe, die auf hoher See, unerreichbar für unsere Kanonen, liegen, hätten einen leichten Dunstschleier gut vertragen können…

Die Box sagt: „Feindziele sind Kampfjets, Bomber, Angriffs-Hubschrauber, Panzer, landende Truppen und mehr!“
Soll heißen: Unter „und mehr Ausrufungszeichen“ verstehen die Entwickler leicht gepanzerte Truppentransporter und einen Landungshubschrauber. Auf die Fußsoldaten ballert man am besten mit der Flugabwehrkanone, weil’s auch Nachschub dafür gibt. Auf alle gepanzerten Fahrzeuge richtet man die Panzerabwehrkanone, auf Luftziele feuert man Raketen ab. Die Kampfjets fliegen dermaßen langsam, dass es eine Freude ist, sie gezielt mit einzelnen Schüssen aus der .45er vom Himmel zu holen. Alles, was verschossen wird, ist Leuchtspurmunition, so dass die anfängliche Problematik der Zielaufnahme ohne Fadenkreuz schnell in Vergessenheit gerät. Die Computergegner verhalten sich übrigens genau so, wie es kein militärischer Anführer mit etwas Hirn im Schädel jemals tun würde: Frontal gegen die Stellung des Verteidigers angehen und sich kurz davor verteilen. Normalerweise würde ein Truppenverband versuchen, den Verteidiger in einer Zangenbewegung zu umgehen und dann von mehreren Seiten her angreifen.

Die Box sagt: „Kriegsneurose verursachender Sound und Spezialeffekte“.
Soll heißen: Die Vertonung insgesamt ist etwas blechern, die Maschinengeräusche monoton und die Todesschreie der Sterbenden kommen aus einem Pool von nur wenigen verschiedenen. Das haben wir schon einmal besser gehört. Alles ein wenig Retorte. Wer „Kriegsneurose verursachenden Sound und Spezialeffekte“ erleben will, sollte sich vielleicht lieber die ersten zwanzig Minuten von „Der Soldat James Ryan“ anschauen.

Die Box sagt: „Teen (13 ) – Animiertes Blut – Animierte Gewalt“.
Soll heißen: Wie ein Spiel mit der in Beach Head 2000 dargestellten Brutalität und Kriegsverherrlichung in den USA durch die freiwillige Selbstkontrolle der Entertainment-Industrie (ESRB) diese Altersempfehlung bekommen kann, ist mir ein Rätsel. Dadurch, dass das Spiel hierzulande keine USK-Einstufung vorweisen kann, ist es automatisch erst für Volljährige freigegeben. Und auch ansonsten hielte ich es für sinnvoll, dieses Spiel von Kindern fernzuhalten.

Ansonsten fand ich noch richtig ätzend bei meinen Vorarbeiten zu diesem Review, dass nach jedem Screenshot per Apfel-Shift-3 das Spielfenster verkleinert wurde und – noch viel ätzender – dass nach jedem Umschalten der Bildschirmauflösung der Mauszeiger sichtbar wurde. Ob sich das abschalten lässt, weiß ich nicht, und um ehrlich zu sein glaube ich nicht, dass es sich lohnt, auf das Lösen dieses Problems noch Energie zu verschwenden.

Falls es noch jemanden interessieren sollte – das Spiel ist im Classic-Modus von OS X zwar grundsätzlich lauffähig, jedoch so unglaublich langsam, dass das Fensterputzen noch lauter ruft.

Fazit:

Wenn dieses Game ein Spielfilm wäre, wäre er nicht im Kino erschienen, sondern ohne Umweg direkt vom Schneidetisch in die Ab-18-Sektion der Videothek gegangen. Und dort verstaubt. Dies ist eines der schlechtesten Spiele, die ich jemals gesehen habe.

Verfügbarkeit

Glücklicherweise gibt es dieses Spiel nicht mehr zu kaufen.

Screenshots (klicken für mehr)

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