Die Sims 2: Weihnachtszeit Accessoires

Der Herbst ist da. Mit ihm graues Wetter, modernde Blätter auf dem Gehweg, nervende Laubsauger und das Wissen, bald Nachts zur Arbeit zu gehen und Nachts nach Hause zu kommen. Einziger Hoffnungsschimmer in dieser, der trübsten Zeit des Jahres, ist die Gewissheit, dass bald das größte aller Feste, das Fest der Liebe, das Fest der Wärme, das Fest des Innehaltens und des Besinnens ansteht: Weihnachten.

Alle Jahre wieder

Das veränderte Artikelsortiment im Supermarkt ist ein eindeutiger Hinweis, dass große Feierlichkeiten bevorstehen. Lebkuchen, Spekulatius, Marzipankartoffeln, Zimtsterne und Schokonikolaus: Alles schon da. Auch die ersten Wünsche. Sowohl die von geliebten Mitmenschen als auch eigene Wünsche. Zum Beispiel der, dass der Bekanntenkreis doch schrumpfen möge, damit man sich nicht so viele Gedanken um Geschenke für die Lieben machen muss. Und Gedanken sind wichtig. Schließlich sind es nicht zuletzt die Kleinigkeiten, die feinen Details und Accessoires, die ein gutes Weihnachtsgeschenk zu dem machen, was es ist: Den Retter des Festes. Ein falsches Geschenk, und die gute Stimmung ist dahin, schlechtestenfalls ist die Beziehung zum Beschenkten über Monate getrübt. Ein schlechtes Weihnachtsgeschenk ist schlimmer als die zähe Gans, der verkochte Rotkohl oder die zerfallenen Semmelklöße. Ein schlechtes Weihnachtsgeschenk haftet einem für den Rest des Lebens an.

Es ist logisch, dass die Menschen dieser Tage unter immensem Druck stehen. Das ständige Gedanken machen, gepaart mit der Furcht davor, die falschen Geschenke zu kaufen, zermürbt. Die Mienen in den Straßen werden finsterer, die Einkaufstüten jedoch größer. Auch ich bin dieser Tage unterwegs, quetsche mich in der Straßenbahn durch den verbleibenden Raum zwischen übergroßen Kartons und wusele durch die überfüllten Kaufhäuser, um erstmal zu sichten, was der Markt dieses Jahr überhaupt hergibt. Dabei habe ich darauf eigentlich gar keine Lust. Ich würde mich viel lieber in Schönsichtigen mit meinen Sim-Freunden treffen. Während ich also einigermaßen unmotiviert durch die Parfümabteilung eines Kaufhauses stöbere, mal links mal rechts schnuppere, lege ich mir bereits eine ToDo-Liste für Familie Schroer in Schönsichtingen fest. Und während ich das tue, trifft mich die Erkenntnis plötzlich wie ein Schlag: Ich habe noch nie mit den Sims Weihnachten gefeiert! Und das ist spätestens eine Schande, seit ich »Vier Jahreszeiten« (>> Review) installiert habe, ein Erweiterungspaket, das dem Spiel Sommer, Herbst, Winter und Frühling beschert. Ich schäme mich ganz furchtbar und halte mich für einen schlechten Sims-Papa. Was mögen die Guten wohl bislang von mir gedacht haben, weil ich das Fest der Feste bislang nicht mit ihnen zelebriert habe? Wenigstens waren sie bisher so diskret, mir ihre Enttäuschung zu verbergen. Beschwert hat sich bislang nämlich noch keiner von denen. Dazu sollen sie fortan auch keine Gelegenheit mehr haben, denn noch während auch ich die Straßenbahn mit dicken Einkaufstüten verstopfe, nehme ich mir vor, dieses Jahr das Fest der Feste für meine lieben Sims zu organisieren. Das wird bestimmt eine große Freude. Oh ja.

Schenken und schenken lassen

Daran, dass ich mir deswegen um noch mehr Geschenke Gedanken machen muss, denke ich erst, als ich mich einigermaßen erschöpft zuhause in meinen Sessel fallen lasse. Passende Geschenke für die Sims – wo bekomme ich die eigentlich her? Vor allen Dingen wird mir auch bald klar, dass es mit Geschenken alleine auch nicht getan ist. In meiner Sims-Bibliothek fehlt es an allen Ecken und Enden, hauptsächlich an Festschmuck. Ratlosigkeit macht sich breit. Ich klemme mich vor den Rechner und surfe stundenlang durch die unendlichen Weiten des Netzes. Das Unterfangen wird langwieriger und komplizierter als ich dachte, und bald habe ich keine Lust mehr. Kostenlose Downloads gibt es zwar durchaus, aber die pure Masse überfordert mich – hier das Richtige zu finden, gleicht der sprichwörtlichen Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Und wie bringe ich die Gegenstände überhaupt ins Spiel, nachdem ich sie runtergeladen habe? Auf dem Schreibtisch speichern wird kaum genügen. Die Aussicht, mich auch noch durch – vermutlich englischsprachige – Tutorials wühlen zu müssen, verstärkt in mir den Wunsch, frustriert den Rechner auszuschalten. Doch dann stoße ich auf ein Erweiterungspaket, das genau das zu bieten scheint, was ich suche. »Weihnachtszeit Accessoires« bringt angeblich nicht nur tolle Geschenkgegenstände, sondern auch Kostüme und Dekogegenstände für ein fröhliches Fest mit. Weil ich es leid bin, mich durch eine Webseite nach der anderen zu wühlen und hinterher doch mit leeren Händen da zu stehen, bestelle ich die CD. Für meine lieben Freunde ist mir schließlich nichts zu teuer.

Als der Datenträger ein paar Tage später bei mir eintrifft, ist die Erleichterung entsprechend groß. Alle Lösungen meiner Sim-bedingten Weihnachtsprobleme auf einer CD – das rechtfertigt auch den Preis von 20 EUR. Sag’ ich jetzt mal so. Ein paar Minuten später landet die CD im Laufwerk des Rechners. Die Installation der »Weihnachtszeit Accessoires« ist vorbildlich simpel und mit nur wenigen Mausklicks erledigt – wie schön, dass mir das Rumwühlen in den Tiefen der Dateiordner des Spiels erspart bleibt.

Das Richtige suchen – das Falsche finden

Im Spiel selbst sieht das allerdings schon etwas anders aus. Die Weihnachtsobjekte sind wild über sämtliche Kategorien des Sim-Shops verteilt und es artet schon in detektivische Arbeit aus, den Haushalt meiner Sims festlich zu dekorieren. Beim Blättern in der Bedienungsanleitung fällt mir auf, dass »Weihnachtszeit Accessoires« weniger Geschenkgegenstände, sondern hauptsächlich Weihnachtsdekoration und auch Silvester-Gegenstände wie Knallkörper und Sektflaschen mit sich bringt. Gut, dass die Anleitung beiliegt, denn im Spiel hätte ich viele der neuen Gegenstände glatt übersehen. Dass Weihnachten nicht nur in der wirklichen Welt, sondern auch bei den Sims ein teures Vergnügen ist, muss ich leider auch feststellen. Je tiefer der Kontostand meiner Sims-Famillie beim Dekorieren fällt, desto mehr Zweifel befallen mich, ob das mit der Sims-Weihnachtsfeier eine gute Idee war. Ich wollte denen doch eigentlich einen Gefallen tun und sie nicht ins Armenhaus bringen! Immerhin: Für ihr Geld bekommen die Sims auch was geboten. Die neuen Gegenstände sind, rein technisch betrachtet, allesamt gelungen und ranken in der Kitsch-Skala irgendwo zwischen »gerade noch zu ertragen« bis »absolut furchtbar«. Wie im echten Leben halt auch, für jeden schlechten Geschmack ist was dabei. Das Sortiment richtet sich dabei auch am internationalen Bedarf aus, es gibt deswegen unter anderem Dekogegenstände für japanische oder jüdische Feierlichkeiten. Einige Gegenstände sehen nicht nur dekorativ aus, sondern können benutzt werden. Wenn die Sims ein Feuerwerk entflammen, sieht das hübsch bunt aus und macht den Sims auch noch Spaß. Das ist wichtig, denn um Spaß geht es schließlich in erster Linie beim Weihnachtsfest, oder etwa nicht?!

Bitte feiern Sie – JETZT!!

Nachdem ich bereits das gesamte Haus festlich dekoriert habe, liegt es an mir, irgendeinen X-beliebigen Tag zum großen Festtag zu erheben. Die Geburt des lieben Jesuskindes wird in meiner Sims-Welt deswegen ab sofort an jedem vierten Tag nach Einbruch des Winters gefeiert. Meine Sims scheint das aber nicht zu scheren. Ihre Wünsche, Ängste und Bedürfnisse bleiben die Gleichen wie eh und jeh, und wenn ich die Sache noch eine Spur naiver und unbedarfter angehen würde, könnte ich sogar sagen, dass mich die Gleichgültigkeit meiner virtuellen Freunde verärgert. Denn meine mir selbst auferlegte Berufung als Sims-Papa bringt es mit sich, dass ich mir nicht nur um die festliche Dekoration des verflixten Hauses Gedanken machen muss, sondern auch darum, welche Geschenke sich die Sims untereinander machen. Ganz recht: Mit jedem Sim im Haushalt darf ich einzeln Geschenke einkaufen. Dabei gilt das Motto: Je teurer das Geschenk, desto größer die Freude des Beschenkten. Das ist erstaunlich nah am echten Leben und stimmt mich ein wenig nachdenklich, aber egal. Da müssen das neue Sofa und das tolle Bücherregal, die sich meine Sims schon seit langem wünschen, oder der Ausbau des zweiten Stockwerks, der eigentlich ganz dringend notwendig ist, eben hintenanstehen.

Aber es geht ja nicht nur darum, dass meine Bemühungen, den virtuellen Menschen ein feierliches und stimmungsvolles Heim zu schaffen, vollkommen ignoriert werden. Vor allen Dingen geht es um die wichtigste christliche Feier überhaupt – neben Ostern.

Die bornierte Ignoranz meiner virtuellen Freunde geht soweit, dass selbst am großen Festtag so weiter gemacht wird wie eh und jeh. Als Abends der Mann des Hauses zur Nachtschicht aufbrechen will, bin ich zum ersten Mal beleidigt. Hallo?! Es ist Feiertag! Es ist DER Feiertag! Ich reiß mir den Allerwertesten bis zum Hals auf, um für Stimmung zu sorgen. Ich investiere mein hart verdientes Geld in eine CD und verbringe Stunden damit, das Haus liebevoll zu dekorieren, und dieser *$!!/(*) will arbeiten gehen. Da nimmt man sich, als verantwortungsbewusster Familienvater, doch selbstverständlich und vor allem selbstständig frei! Wenn meinen Sims der Kopf nicht angewachsen wäre, müsste ich sie vermutlich auch daran erinnern, ihn morgens aufzusetzen. Ich zwinge meinen Sim dazu, am Klavier für ein wenig – hoffentlich festliche – musikalische Untermalung zu sorgen, anstatt zur Arbeit zu fahren. Wenigstens hat die Mutter des Hauses kein Problem damit, am Herd das Festessen zu bereiten. Es wird das neue, fancy Gericht geben, dass sie sich soeben aus dem Kochbuch angeeignet hat. Just als ich ihr den Befehl zu Kochen gegeben habe, schmettert plötzlich aus Richtung des Wohnzimmers vollkommen unfestliche Musik. Karl hat sich – in Arbeitsuniform! – an das Klavier gesetzt, und spielt nun seine Variation eines höchst dramatischen Piano-Stücks. Ganz nett, nur mit Weihnachten hat das nichts zu tun. Entweder ist mein Sim noch ignoranter als ich dachte, oder Weihnachtslieder gehören nicht zum Sortiment der »Weihnachtszeit Accessoires«. Egal, denn beides ist tragisch und absolut tödlich für die Feststimmung. Ich beschließe, das wilde Crescendo zu beenden und schicke ihn rauf ins Schlafzimmer zum Kleiderschrank, auf dass er sich in Festkleidung hülle. Die Kinder des Hauses gehen einer, für Heilig Abend auch eher untypischen, Beschäftigung nach – sie toben draußen im Schnee, spielen Schneeballschlacht. Auch hier muss ich korrigierend eingreifen und jage sie ins Zimmer zum Umziehen.

Das gelungene Fest

Vor lauter Stress habe ich nicht mitbekommen, dass der Hausfrau das Festessen angebrannt ist – super. Der Familie beim anschließenden Festwürgen zuzusehen, hat allerdings was unterhaltsames. Tja, und nachdem das Mahl mühsam verzehrt wurde, darf direkt zur Bescherung übergegangen werden, der Geschenkfunktion sei dank. Die Freude der Beschenkten ist einigermaßen groß, nur richtiges Festflair kommt trotzdem nicht auf. Gemeinsam Weihnachtslieder singen: Geht nicht. Die Sims mit edlem Wein bis zur Besinnungslosigkeit volllaufen lassen: Geht auch nicht. Immerhin: Der schrecklich kitschig aussehende Radio-Schneemann verbreitet ein wenig weihnachtliche Musik.
Als die reinliche Hausfrau schließlich aufbricht, um die Folgen des Festmals zu beseitigen, lasse ich sie ziehen – der Herr des Hauses hat sich inzwischen auch schon ein Buch geschnappt. Die Kids haben sich in ihr Zimmer zurückgezogen und pennen.

Zum Schluß noch ein Hinweis: Die »Schenken-Funktion« wurde mit dem Erweiterungspaket »Vier Jahreszeiten« eingeführt und hat mit »Weihnachtszeit Accessoires« nichts zu tun. Wer also eine Bescherung veranstalten möchte, kommt um den zusätzlichen Kauf dieser Erweiterung nicht herum.

Fazit:

Das war sie dann also, meine Sim-Weihnacht. Und was hat sie mir gebracht? Vor allem die Erkenntnis, dass viele »Weihnachtszeit Accessoires« noch lange nicht dafür sorgen, dass die Sims Weihnachten als das Fest begreifen, das es ist, und dass die Erweiterung »Weihnachtszeit Accessoires« eben nicht mehr bietet, als ihr Name verspricht. Das blöde Gefühl, dass mein Sim-Weihnachtsfest eigentlich eine vollkommen idiotische Idee war, will nicht weichen. Schließlich hat es für mich eigentlich nichts außer jede Menge Arbeit bedeutet. Mir fallen spontan mehrere Möglichkeiten ein, wie ich meine 20 EUR und meine Zeit besser hätte investieren können. Und ich bin sicher, meine Sims hätten auch mehrere Ideen gehabt, wie ich ihre in die Weihnachtsdekorationen investierten Simeloneons besser hätte anlegen können. »Weihnachtszeit Accessoires« bedient also einen Bedarf, der aus einer völlig bescheuerten Idee heraus entsteht. Dieses Urteil bekräftigt zu guter Letzt übrigens ein weiteres Familienmitglied: Just als meine Sims von den Weihnachtsstrapazen erschöpft im Bett liegen, kommt ihr Hund, den sie und ich den ganzen Tag sträflich vernachlässigt haben, ins Zimmer und pisst vor dem Christbaum auf den Teppich.

Christian Schramm

Verfügbarkeit

Zu haben ist das Produkt im macinplay-Shop.

Bilder (klicken für mehr)

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