Die Sims: Mittelalter
Eine der erfolgreichsten Computerspielserien ist ohne Zweifel „Die Sims“ von Programierlegende Will Wright. Laut Publisher Electronic Arts wurden 125 Millionen Spiel verkauft. An mir ist das Ganze ehrlich gesagt allerdings seit dem Vorläufer Little Computer People komplett vorbei gegangen. Aber jetzt gibt es ja einen neuen Ableger – Die Sims: Mittelalter. Und weil EA ja so einiges versprochen hatte habe ich mir gedacht: Warum eigentlich nicht?
Platz für den neuen Herrscher
Alles beginnt mit einem Bombast-Intro, das die Geschichte von Simland erzählt und wie die erste Zivilisation zerstört wird (eine bedeutende Rolle spielten dabei offensichtlich Killer-Cinchillas). Und jetzt wollen es die Götter mal mit einem neuen Konzept versuchen: ein Heldenhafter König soll die Sims zu neuen Höhen führen. Zeit also für Holger I., den Thron zu besteigen.
Aber vor dem Spiel haben die Macher erst einmal ein ausführliches Tutorial gesetzt. Das ist aber angesichts der vielen Schalter und Infofenster auch dringend nötig. Und das beginnt natürlich mit der Charaktererschaffung, wer will kann hier schon Stunden an seiner Nase feilen, bis sie endlich so aussieht wie eine königliche Nase aussehen sollte. Oder man nimmt einen der vorgefertigten Charaktere und stürzt sich ins Regierungsgeschäft. Ist alles erledigt und die zwei positiven und eine negative Eigenschaft zugeteilt, kann es losgehen.
Das Spiel schickt mich dabei zunächst einmal Holzhaken, Blumenpflücken und Steine klopfen – was ein König halt so den ganzen Tag macht, wenn er nicht gerade mit Regieren beschäftigt ist. Ach ja, kämpfen darf ich auch mal, wobei da dann vorher die Kleidung gewechselt wird. Und das geht sogar ohne eine Telefonzelle in der Nähe, Mr. Kent ist bestimmt neidisch.
So lernt man nach und nach alle Ecken des Königreichs kennen. Was aber eigentlich nicht besonders lange dauert, denn so riesig ist es leider nicht.
Hauptsächlich spielt sich sowieso alles im Schloss ab. Hier gilt es, mit anderen Sims zu kommunizieren, es sind Regierungsgeschäfte zu tätigen (ja, ehrlich man darf regieren) und natürlich darf man den Thronsaal auch verschönern.
Nach gefühlten 300 Erklärungen, welcher Button was bewirkt und welche Anzeige was darstellt, ist dann die Einführung geschafft und das freie Spiel kann beginnen.
Herrschen als Fleißarbeit
Ja! Endlich Abenteuer erleben, Entscheidungen treffen, eine Dynastie gründen, das Reich vergrößern und was man als Herrscher sonst noch alles so anstellt.
Oder so ähnlich.
Oder auch nicht.
Zunächst einmal gilt es, die menschlichen Grundbedürfnisse zu stillen, damit der Konzentrationsbalken immer schön oben bleibt – also genügend zu schlafen und reichlich zu essen. Wobei ich dann auch schnell herausfinde, was es mit meiner größten Schwäche auf sich hat: ich kotze die halbe Mahlzeit wieder aus und muss entsprechend öfter Grütze in mich hineinschaufeln.
Dann gilt es noch 2 Tagesaufgaben zu erfüllen, etwa als Weiser von Simland Streitfälle zwischen den Untertanen zu schlichten oder einen Brief an die Nachbarn zu Pergament zu bringen, um gutes Wetter zu machen. Dann gilt es natürlich noch, mit den Hofangestellten zu plaudern um allerlei Neues zu erfahren und die Beziehungen zu verbessern. Irgendwann soll schließlich mal ein Stammhalter her, also gilt es Mann oder Frau unter die Bettdecke zu quatschen. Es geht übrigens auch beides nacheinander, wobei es dann mit dem Stammhalter je nach eigenem Geschlecht allerdings kompliziert wird.
Wenn dann noch Zeit bleibt, kann man sich an die Erfüllung der Quests machen
Wobei sich die Rollenspielelemente doch arg in Grenzen halten. Es gilt eine Abfolge von Entscheidungen zu treffen, eventuell zu einem bestimmten Ort zu spazieren, um dort etwas zu erledigen. Wobei es leider oft genug vorkommt, dass der Held im Wald verschwindet und nach einiger Zeit einfach wieder auftaucht. Dann bekommt man noch eine Texttafel präsentiert, was man alles Tolles erlebt hat. Zeitgemäße Präsentation sieht zweifellos anders aus.
Überhaupt besteht das Spiel hauptsächlich aus Wiederholungen, kurzen Aktionen und Abwarten. Der wichtigste Knopf ist der für die Zeitbeschleunigung, wenn man mal wieder per pedes durch sein Königreich stapft, um einen Questort zu erreichen, oder schläft oder auf dem Thron sitzt und wartet, dass endlich die Bürger zu einem kommen. Ohne Fast Forward Button wäre das wohl gar nicht durchzuhalten.
Hält man lange genug durch, dann sammelt man Königreichpunkte und kann Nebenhelden erschaffen, die dann ebenfalls Quests erfüllen können. Leider sind die dann ähnlich aufregend. Auch der Ausbau des Königreiches ist mehr als spartanisch: es gibt ein paar vorgegebene Bauplätze, auf denen dann die dafür vorgesehenen Gebäude errichtet werden können.
Der Sound soll wohl mittelalterlich klingen, aber es gibt Gott sei Dank einen Schalter, der die Hintergrundmusik auf stumm schaltet. Und das Sim-Gebrabbel finden einige sicher witzig. Ich persönlich denke, dass sich EA damit die Lokalisierungskosten sparen möchte. Etwas besser ist die Grafik und verharrt eher im Mittelmass, die Texturen sind nicht besonders fein und die Bewegungen der Figuren manchmal etwas ungelenk. Was aber auch durchaus Absicht sein kann, wenn mein kleiner König vor dem Spiegel post, dann ist das schon lustig anzuschauen, aber der Wassereffekt und die Bäume sind schon reichlich oldschool.
Und die Kamera ist arg nervös.
Aber es ist natürlich nicht alles schlecht. Die Hilfe zu dem Spiel ist unterhaltsam geschrieben und sehr ausführlich, auch das kleinste Detail wird erläutert.
Und das Spiel ist stellenweise extrem lustig, mit diversen Seitenhieben auf alles und jeden. So erklärt uns Beispielsweise die Heilerin: „Oh ja, das ist die Seuche! Gegen die Seuche kann man nichts machen, weil es eben die Seuche ist.“. Oder aber wir können einen kleinen Krieg anzetteln, um von einem skandalösem Seitensprung in der Königsfamilie abzulenken.
Und man kann seinen Thronsaal und die Gebäude der Nebenhelden mit allerlei Gegenständen schmücken. Muss man aber nicht, denn außer dass es besser aussieht, scheinen die Einrichtungen keinen großen Einfluss auf das Spiel zu haben. Aber das Einrichten des Thronsaals macht jedenfalls mehr Spaß als das Lesen einer Texttafel. Und der Charaktereditor ist klasse, es gibt praktisch nichts was man nicht einstellen kann, auch was die herrschende Mode betrifft. Und die Interaktionen mit den anderen Sims sind ohne Zweifel das Highlight des Spiels, schade das die Quests einen dabei stören.
Screenshots (klicken für mehr)
Die Sims: Mittelalter versucht einen Spagat und scheitert dabei leider. Stärken wie das Charakterdesign und die Interaktion mit den andern Sims gibt es wohl auch ohne Mittelalter im Titel. Und die Rollenspielelemente sind zu einfach gestrickt, zu eintönig und zu schlecht präsentiert, als dass sie lange fesseln können. Einzig der Humor, der an allen Ecken und Enden aufblitzt, rettet vor einem totalem Desaster.
Aber wenigstens von der Technik gibt es Gutes zu berichten: Trotz Cider-Port ist mir das Spiel nicht einmal abgestürzt.
Die Sims: Mittelalter ist auf DVD für PC & Mac erschienen, verlangt mindestens eine Core Duo Prozessor, 2GB RAM sowie OSX 10.5.8. und eine ATI X1600, Nvidia 7300 GT oder Intel GMA 3100 Grafikkarte mit mindestens 256 MB RAM.
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