Galactic Assault: Prisoner of Power
„Galactic Assault: Prisoner of Power“. Ein rundenbasiertes Strategiespiel mit einer richtig guten Grafik, ordentlich Atmosphäre – und das in deutscher Sprache? Das muss ich mir ansehen, dachte ich. Also ausgepackt, einfach installiert und losgelegt. Und gleich schlägt sich einem ein Buch auf, schließlich wurde das Spiel nach dem Roman „Inhabited Island“ („Die bewohnte Insel“) von Arkadi & Boris Strugatsky kreiert. An diesen und all den Namen des Entwickerteams kann man leicht erkennen, dass das Spiel aus einer russischen Softwareschmiede stammt. Sie kommt auf den Mac allerdings in einer einwandfreien Lokalisierung auf den Markt.
Übersichtliche Anzeigen
Im Buch ist die Geschichte von Hauptdarsteller Max wohl etwas ausgefeilter. In der Kampagne des Spiels, die durchgehend alle vier Völker und ihre Einheiten beinhaltet, ist er einfach nur der Oberbefehlshaber. Die Missionen spielen auch auf dem Planeten Saraksh, der allerlei unterschiedliche Klimabedingungen und Gelände bereithält. Auch Wettereinflüsse haben die Entwickler eingebaut. Von den vier Völkern „Land der Vorväter“, „Khonties“, „Südbarbaren“ und „Inselreich“ beginnt die Geschichte bei der Republik, dem „Land der Vorväter“, das gegen die Khonties kämpft. Die Missionen sind logisch aufgebaut. Das übliche Heranführen mit anfangs nur wenigen Einheiten und Zielen wird zunehmend zu einer echten Herausforderung. Doch dazu später mehr. Die Einheiten sind zunächst sehr klassisch gehalten: Es gibt Fußsoldaten, Panzer, verschiedene Formen der Artillerie gegen Infanterie und Fahrzeuge. Schnelle Aufklärungseinheiten lichten den Kriegsnebel, Flugzeuge bombardieren Ziele über weitere Entfernung, Flak-Fahrzeuge bilden ihren Konterpart. Auf die Charakterisierungen der Einheiten gehe ich unten noch stärker ein.
Auf dem Screen sieht man eine gelungene 3D-Sicht des Geschehens, die Kamera kann rotiert und gekippt werden, um eine bessere Übersicht zu bekommen. Rechts oben gibt eine Geländekarte gute Übersicht über das Terrain, ein Tag/Nacht- und ein Wetter-Zeiger gibt Auskunft, wie lange es noch hell sein wird und ob Niederschläge zu erwarten sind. Die angewählte Einheit hat rechts eine detaillierte Tabelle ihrer Fähigkeiten. Angedockt an dieses Bild ist der kleine Phasen-Meter, der zeigt, ob man selbst gerade in der Kampf- oder Produktionsphase ist, oder der Gegner gerade seinen Zug macht. Allgemeine Informationen über das Feld, auf dem die Einheit steht, werden links unten eingeblendet (z.B. Wald: -50% Mobilitätsabzug, -1 Angriff für gepanzerte Fahrzeuge usw.).
Die Einheiten
Eine breite Angebotspalette von Einheiten bringt einen Haufen Möglichkeiten mit sich. Genretypischerweise sind die Vor- und Nachteile der Typen ausbalanciert. Und das ist auch gelungen. Die Einheiten selbst sehen gut aus und bringen ihren Teil zur guten Gesamtatmosphäre mit. Es hat gut gefallen, dass die Einheiten häufig Gruppen sind (zum Beispiel besteht eine Soldateneinheit aus fünf Männern, leichte Fahrzeuge sind häufig zu zweit unterwegs). Dadurch sind die Gefechte netter anzusehen und auch mit wenigen Einheiten ist einigermaßen was los.
Ausgesprochen viele Einheiten können sich eingraben und haben dann höhere Defensivwerte, sie können sich allerdings solange nicht bewegen. Sich ein-, bzw. auszugraben kostet einen ganzen Zug, Ein Vormarsch wird dadurch natürlich stark gehemmt. Auch Tarnung ist eine Fähigkeit vieler Einheiten. Damit können die getarnten Kämpfer nur in direkt anliegenden Feldern und von Aufklärern gesehen werden. Sondereinheiten wie Pioniere können z.B. zusätzlich Pontonbrücken über Flussläufe bauen oder Flugplätze ausheben.
Gut gelöst ist die Geschichte mit der Moral. Sie ist das bestimmende Kriterium, um die Fitness der Einheiten zu bewerten. Natürlich sind frische Einheiten mit guter Moral ausgestattet und je nachdem wie sie eingesetzt oder auch nur verheizt werden, sinkt ihr Moralwert mehr oder weniger schnell. Da Verletzungen der Soldaten und Beschädigungen der Fahrzeuge direkt mit dem Moralstatus gekoppelt sind, ist er auch ein Indikator wie leistungsfähig die Krieger und ihre Gerät noch sind. Der Status wird in drei Farben ausgegeben: Grün = fit, Gelb = mit Abzügen einsatzfähig, Rot = fix und fertig. Ein Stern bei Troops mit einem grünen Punkt gibt noch einen Bonus.
Einheiten mit dem gefürchteten roten Punkt können nicht mehr schießen und haben eine stark eingeschränkte Bewegungsrate. Häufig werden sie jedoch auch nicht mehr angegriffen, weil sie keine Gefahr mehr darstellen. Da man auf recht ausgedehnten Karten spielt, ergibt es häufig Sinn, sie mit einem Truppentransporter zur “Heilung” zu schicken. Ansonsten können Sie auch einfach am Wegesrand abgestellt werden. Bei den Missionen sind sie zu Beginn der nächsten Aufgabe wieder topfit.
Wie so häufig gibt es ein Beförderungssystem. Beförderte haben Boni auf Schaden und Konstitution. Beförderungen werden auch hier mit goldenen Winkeln nach Art der Rangabzeichen vieler Armeen der Welt gekennzeichnet. Abzeichen zu bekommen ist relativ schwer, die resultierenden Vorteile hoch. Eine Fußsoldaten-Einheit mit zwei Streifen macht in einer Runde (inklusive Gegenfeuer) gerne mal 2-3 gegnerische Squads platt. Es gibt Sondereinheiten, die zweimal “von sich aus” schießen können, normal ist ein Feuerstoß.
Da häufig weite Gelände zu überqueren sind und normalerweise feuerstarke Einheiten ihren Vorteil mit niedriger Bewegungsreichweite “bezahlen”, spielen Transporter eine wichtige Rolle im Spiel.
Gebäude
Damit wären wir bei den Gebäuden. Hier hat man es sich einfach gemacht: Es gibt ein Hauptgebäude, an dem hängen die unterschiedlichen Produktionsstätten für die Einheitenklassen (Infanterie, Fahrzeuge, Artillerie, Flugeinheiten), die zugleich als Reparaturstützpunkte fungieren. In der Produktionsphase kann man in jedem dieser „Depots“, wie es im Spiel heißt, genau eine Einheit produzieren oder reparieren. Erst war ich stark befremdet, aber mit der Zeit habe ich erkannt, dass sich dahinter eine weitere taktische Ebene verbirgt. Durch diese sehr starke Reglementierung muss man sich ganz genau überlegen, was man in der Produktionsphase tut. Mittel sind auch stark begrenzt, links oben im Bild wird man aufgeklärt, wie viel Geld und Einkommen man hat und wie lange das Einkommen noch anhält. Ressourcen lassen sich nicht sammeln oder anders ergattern. Wenn die Umgegend der Basis ausgesaugt ist, ist das Einkommen schlicht null. Wer kein Geld gespart, dessen Reparaturmöglichkeit endet dann abrupt. Es gibt dann nur noch die Chance, eine andere Basisplatte ausfindig zu machen. Auf diesen Platten können Basen erbaut werden, was ihre Standorte zu stark umkämpften Feuerzonen macht.
Die Depots können aufgerüstet werden, so dass eine größere Auswahl an Einheiten gebaut werden können. Dazu gibt es spärliche Upgrades für die Einheiten, z.B. einen Rüstungsbonus für Soldaten.
Der Spielablauf
Jeder Einheitentyp hat eine bestimmte Bewegungsreichweite, die von Faktoren wie Terrain und Moralstatus beeinflusst wird. Beim Anwählen bekommt der Spieler eine Anzeige der möglichen Routen angezeigt. Das Spielfeld ist für den Spieler unsichtbar in Wabenfelder eingeteilt. Er selbst bekommt Punkte angezeigt, damit zum Beispiel sichtbar wird, ob man sich schon in der Waffenreichweite der gegnerischen Truppen befindet. Die Sicht der Kampftruppen ist relativ schlecht, daher ist gutes Arbeiten mit Aufklärungseinheiten ein Muss, um nicht plötzlich mit ein paar Trüppchen vor einer feindlichen Armada zu stehen. Bestimmte Tastenkombinationen geben Aufschluss über anwählbare Ziele und Felder. Wenn alle Einheiten gezogen haben, kann man den Zug beenden, der Computer weist einen freundlicherweise auf Einheiten hin, die noch schießen können. Zuerst irritierend: Er weist auf diese auch hin, wenn sie erst zum Gegner ziehen müssten. Manchmal weiß man aber gar nicht, dass dort ein Gegner steht. Nett sind die Regeln zum Beschuss: Schießen geht nicht auf die Bewegungsreichweite, und automatisches Zurückfeuern auch nicht. Das heißt, dass man nicht berechnen muss, ob sich jetzt noch ein Schuss lohnt, wie bei anderen rundenbasierten Spielen (beispielsweise „UFO AI“) oder ob man sich Schüsse für das Erwiderungsfeuer aufspart. Bei „Galactic Assault“ lohnt sich das Schießen meistens, einzige Ausnahme ist: wenn man die Antwort nicht vertragen kann. Es wird beim gegnerischen Zug auch immer von allen fitten Einheiten zurückgefeuert – und zwar aus allen Rohren und so oft es eben nötig ist. Das macht den gegnerischen Zug auf jeden Fall interessanter, denn zuweilen erledigt sich die Arbeit von selbst.
Natürlich muss bei der Bewegung recht genau darauf geachtet werden, wer wie weit ziehen kann, weil sich gerade bei konzertierten Offensivaktionen schnell mal Einheiten im Weg stehen. Dann können schnelle Einheiten plötzlich nicht mehr so weit vorziehen, weil beispielsweise ein Haufen lahmer Panzer im Weg stehen. Etwas undurchsichtig sind die Wegeregeln, denn zuweilen machen Einheiten auf ihren Feldern Platz, damit “schlanke” Einheiten durchhuschen können. Wenn aber die Gegend zu sehr mit Truppen “zugebaut” ist, dann gibt’s eben kein Vorbei.
Bei speziellen Angriffen, so wenn sehr mächtige Einheiten feuern oder bei Luftangriffen, geht das Spiel automatisch in eine Art Kinomodus. Die Sequenzen sind schön animiert. Speziell wenn man der gegnerischen Einheit das Licht ausgeblasen hat, macht eine rotierende Kamera die Zerstörung zum Hingucker. Doch jede noch so schöne Zwischensequenz stört irgendwann – dann kann sie auf Tastendruck abgebrochen werden.
Wenn schließlich alle Züge und Befeuerungen durchgezogen worden sind, ist die Produktionsphase dran. Logischerweise muss genügend Geld da sein, um zu produzieren, und in den jeweiligen Depots müssen die entsprechenden Einheiten stehen, um repariert zu werden. Dann ist der Gegner dran. Bei den Singleplayer-Missionen können die Züge des Computer beschleunigt werden. Die Kamera schafft es leider nicht immer, den Bereich zu zeigen, in dem die KI-Einheiten gerade aktiv sind. Auch braucht der Rechner zuweilen nicht nachvollziehbar lange für seine Züge.
Die KI, die Missionen und das Drumherum
Die taktische Tiefe der Vorgehensweise des Gegners mit dem Silizium-Hirn ist zuweilen verblüffend gut. Gerade im Schlachtmodus, beispielsweise beim 1-zu-1, sind Produktion, Vorrücken und Angriff des Computer-Gegners häufig gut ausbalanciert. Er sichert seine Zwischenstationen gut ab und findet häufig die richtigen Einheiten zum eigenen Truppenmix, um einem so richtig einzuheizen. Auch die Missionen sind wohltuend anspruchsvoll. Auch wenn das eine oder andere Mal der Verdacht auftaucht, dass nur bestimmte Lösungswege zum Ziel führen, haben die Missionen eine gewisse taktische Freiheit. Da die überlebenden Einheiten jeweils in die nächste Mission mitgenommen werden, ist ein gutes Mikro-Management gefragt. Schließlich will man seine mühsam auf zwei Streifen gebrachten Elite-Trooper nicht einfach verheizt sehen. Auch das Balancing ist ausgewogen, obwohl bei großem Gewässeranteil der Karte das Volk der Inselgruppe schon klare Vorteile hat. Die Parteien sind nett gemacht, und viel Fantasie ist in ihr Aussehen gelegt worden.
Hervorzuheben ist die gute Atmosphäre, die „Galactic Assault“ zu erzeugen im Stande ist. Es macht schon Spaß zuzusehen, wie in einer düsteren Gegend, in der es Bindfäden regnet, seine zuweilen verletzten Einheiten zur nächsten Straße humpeln, um dort von einem Truppenpanzer aufgenommen zu werden.
Ein Problem sind leider Fehler im Programm, so genannte Bugs. Nach einigem Herumtüfteln habe ich den schwersten Bug ausgemacht (und gleich eine Lösung für das Problem gefunden). Das Symptom, das bei mir auftrat, war, dass Galatic Assault nach einigen Stunden extrem langsam wurde.
Als ich es dann entnervt geschlossen habe, musste ich zu meiner großen Verwunderung feststellen, dass von meinen 50 GB (!) freiem Plattenplatz noch genau 419 KB frei waren. Was war passiert? „Galactic Assault“ hat im gleichnamigen Programmordner eine Datei namens „vpdx“ erstellt, angeblich eine Textdatei. Diese Datei wächst während des Spielens in rasender Geschwindigkeit an, in 30 Minuten werden 13,5 GB Platz durch das File in Beschlag genommen, nach etwa vier Stunden dann 50. Die Lösung des Problems ist einfach: Man muss nur sich selbst im Ordner keine Schreibrechte geben (Rechtsklick auf den Ordner-„Informationen“-“Sharing & Zugriffsrechte“, Benutzer anwählen und die Rechte auf „Nur lesen“ stellen). Ab sofort wird das Programm schlicht gehindert, etwas in den Ordner zu schreiben. Intensives Testen meinerseits konnte nicht erklären, wozu die Datei gut ist. Vermutlich wird in ihr der Spielverlauf gesichert, denn es gibt eine „Replay“- Funktion. Auch ansonsten stürzt das Programm von Zeit zu Zeit ab. Häufigeres Speichern ist also wärmstens zu empfehlen.
Fazit
„Galactic Assault“ ist ein tolles Spiel, wenn man auf diese Art der Spiele steht. Auch die Umsetzung ist durchaus gelungen. Die Atmosphäre stimmt, die Grafik auch. Das Gameplay ist gewöhnungsbedürftig, aber man findet sich schnell herein, und die taktische Ausrichtung des Spieles – ohne an Action zu verlieren – macht auch nicht so eingefleischten Strategen eine Menge Spaß. Zeit sollte man aber reichlich dabei haben, denn die Einheiten brauchen häufig ihre Zeit – besonders die des Computergegners. Auch die eigene intelligente Verladung von Einheiten und die richtige Reihenfolge raubt Zeit, die aber mit gepushten Kämpfern und fließendem Nachschub belohnt wird.
Besonders ärgerlich ist die Sache mit der Stabilität. Es gibt zwar kaum Bugs, aber wenn einer auftritt, schmeißt er gerne mal das ganze Spiel über den Haufen. Und wenn mitten in einer gut geplanten Offensive plötzlich der „… wurde unerwartet beendet“-Dialog kommt und der letzte Speicherstand eine Stunde her ist, kann man sich schon darüber aufregen. Vielleicht stopft ein folgendes Update die Lücken. Insgesamt macht das Spiel jedenfalls Spaß und seine Merkwürdigkeiten tragen zu einem erholsamen „endlich mal was anderes“ bei.