Redline

Als leidenschaftlicher Computerraser hat man es am Mac nicht leicht. Die Auswahl an guten Rennspielen ist, sagen wir mal: übersichtlich. Soll es dann auch noch eine Autorennsimulation sein, muss man schon die Nadel im Heuhaufen suchen. Ambrosia Software hat sich unser erbarmt und schickt nun mit ‚Redline‚ eine Mischung aus Arcade-Rennspiel und Simulation an den Start. Solch seltene Spezies haben wir uns einmal genauer angesehen.

Redline ist ein echter Spätstarter. Das erste Mal berichteten wir am Heiligen Abend des Jahres 2002 über die Ankündigung. Nun ist Mitte 2006, und erst seit Kurzem steht das Spiel rund um schnelle Sportwagen und PS-Protze im Laden – obwohl, nein, eigentlich nicht, denn bei Redline handelt es sich um Shareware. Man lädt sich also das komplette Spiel aus dem Internet und darf ausgiebig probespielen. Ein Lizenzschlüssel, der alle Funktionen freischaltet, kostet 25 $.

Im Hauptmenü angekommen fällt einem sofort eines auf: Das Spiel ist komplett englisch, und das lässt sich nicht ändern. Die Bedienung der Menüs geht leider nur über die Tastatur, was vor allem im Auswahlbildschirm für Mehrspielerpartien nerven kann, wenn mehr als eine Hand voll Spiele zur Auswahl stehen. Bevor man Gas gibt, sollte man unbedingt sein liebstes analoges Steuergerät hervorkramen, am besten natürlich ein Lenkrad. Vom Spielen mit der Tastatur rate ich ab. Zwar bietet das Spiel drei Fahrmodelle, Simulation, Arcade und Turbo Arcade (noch rasanter und unrealistischer als Arcade), im Simulationsmodus sind die Autos mit der Tastatur aber schlicht nicht mehr beherrschbar. Das Blöde dabei: Um alle Strecken und Fahrzeuge freizuschalten, muss man ‚Challenges‘ bestehen (dazu gleich mehr), die sich jedoch nicht in den Arcade-Modi bestreiten lassen.

Alle Vorbereitungen sind getroffen, jetzt kann es losgehen. Man hat die Wahl, ein Einzelrennen gegen Computergegner zu bestreiten, im Zeitfahren gegen die Uhr anzutreten, Mehspielerpartien über Internet oder im LAN auszutragen oder so genannte Challenges (deutsch: Herausforderungen) zu meistern. Zwölf dieser Challenges gibt es. Dabei muss der Spieler in möglichst kurzer Zeit etwa einen kleinen Streckenabschnitt fahren, einen Slalomparcours durcheiern oder am Ende einer Geraden in einem kleinen Zielbereich zum Stehen kommen – das Übliche halt. Je nachdem, wie gut man sich anstellt, bekommt man die Bronze-, Silber- oder Goldmedaille verliehen und schaltet neue, schnellere Autos frei. Außerdem werden die besten 50 Zeiten jeder Challenge mit einer Datenbank im Internet abgeglichen. Das regt ungemein zum Wiederspielen an. Um auf die vorderen Plätze zu kommen, muss man aber schon Benzin im Blut haben. Oder man findet den entscheidenden Trick, den es bei manchen Challenges gibt. Hier offenbaren sich haarsträubende Fehler im Spiel. Um in der Challenge „Slalom II“ ganz vorne zu landen, muss man am Ende einige Pylonen umfahren und abkürzen, was das Spiel manchmal aus unverständlichen Gründen nicht zum Anlass nimmt, die Zeit als ungültig anzuerkennen. Ein weiteres Negativbeispiel ist die Challenge „Downhill Corners“. Hier kommt man durch die erste scharfe Kurve wesentlich schneller, wenn man sich an die unsichtbare Bande am Kurvenäußeren „anlehnt“, obwohl man eigentlich auf kürzestem Wege Richtung Tal stürzen müsste.

Einzelrennen gegen die von künstlicher Intelligenz gesteuerten Gegner können auf zwölf Strecken ausgetragen werden. Eigentlich sind es nur sechs, bloß kann man die Strecken wahlweise auch in die entgegen gesetzte Richtung fahren; ein alter Trick unter Rennspiel-Entwicklern. Außerdem sind Regenrennen möglich. Die nasse Fahrbahn beeinflusst das Fahrverhalten der Boliden deutlich. Die KI ist leider dümmlich und rücksichtslos, eine Rennfahrerlizenz würde man ihr besser nicht geben. Statt intelligenter Überholmanöver vergnügen sich die CPU-Kollegen gerne beim Autokorso und hängen sich gegenseitig auf der Stoßstange. Das sieht nicht nur dämlich aus, sondern hört sich auch so an. Es steht die bösartige Vermutung im Raum, dass es genau einen Unfall-Sound gibt, so dass sich leichte Schubser genauso anhören wie schwere Zusammenstöße. Ein Schadensmodell gibt es übrigens nicht, was vielleicht auch ganz gut so ist, gerade im Mehrspielermodus würde das wohl zu Mord und Totschlag führen.

Einen Meisterschaftsmodus gibt es nicht, einen Karrieremodus also erst recht nicht. Langzeitmotivation kann der Einzelspielermodus somit nicht bieten. Zusätzliche Abwechslung bringen die unterschiedlichen Fahrmodelle, wie oben erwähnt. Im Simulationsmodus sind die Autos wirklich anspruchsvoll zu steuern. Gerade beim Herausbeschleunigen aus den Kurven bricht das Heck gerne aus, und man legt zu Beginn viele unfreiwillige Dreher hin. Arcade und Turbo Arcade dagegen lassen sich auch mir der Tastatur angemessen steuern.

Die Paradedisziplin von Redline ist der Mehrspielermodus. Getestet habe ich das Spiel über Internet mit einer normalen DSL-1000-Leitung (ohne FastPath). Die Latenzen waren gut und führten zu keinerlei Problemen beim Spielen. Wer selbst ein Spiel starten will, muss ggf. seine Firewall-Einstellungen anpassen. Die Rennen selbst machen gegen menschliche Gegner richtig Laune. Natürlich trifft man, wie im richtigen Leben, auf den einen oder anderen Rowdy. Besonders beliebt scheint es zu sein, den Vorausfahrenden als Bremsklotz zu benutzen, wenn dieser gerade auf die nächste Kurve zu bremst. Hier halten einige Spieler gerne voll drauf.

Auch in Redline gibt es vom Lamborghini bis zum Mini viele Sportwagen, diese sehen in anderen Spielen allerdings deutlich schicker aus. Die Grafik ist mäßig, Polygonarmut und undetailierte Texturen bestimmen das Bild. Am besten gefallen noch die wenigen Effekte, wie Spiegelungen auf regennasser Fahrbahn oder Bewegungsunschärfe bei hoher Geschwindigkeit. Glücklicherweise läuft das Spiel so auch auf vielen älteren Macs noch flüssig.

Der Sound hingegen ist größtenteils in Ordnung. Die verschiedenen Autos hören sich sehr unterschiedlich an, überzeugend klingt aber keines. Löblich ist die Steuerung von iTunes aus dem Spiel heraus, inklusive Anzeige des laufenden Songs.

Fazit:

Redline ist ein spaßiges Rennspiel, das seine Stärken vor allem im Mehrspielermodus hat. Der Einzelspielermodus dagegen wird schnell langweilig: zu wenige Strecken, kein Meisterschaftsmodus, dumme KI-Gegner. Wer ein technisch gutes Spiel sucht, schaut sich besser woanders um. Das Spiel versucht mit seinen drei Fahrmodellen gewissermaßen „Live for Speed“ bis „Need for Speed“ zu vereinen, ohne deren Qualität zu erreichen. Was bleibt ist ein gelungenes Spiel mit einem sehr guten Preis-Leistungs-Verhältnis.

Felix Rothmaier

Verfügbarkeit

Zu haben ist das Produkt bei Ambrosia Software.

Bilder (klicken für mehr)

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