Triptych
»Tetris« und kein Ende. Dieses Spiel ist eine Art Boomerang. Kaum glaubt man, sich endlich von dem abhängig machenden Spielprinzip des Originals oder eines seiner zahlreichen Clones gelöst zu haben, kommt ein neuer Vertreter des Genres daher. Die Folge: Wieder klebt der geneigte Spieler Stunden vor der Mattscheibe und sortiert bunte Steinchen, Früchte, Jelly Beans… Die Liste könnte endlos fortgeführt werden. In »Triptych« sind wieder ganz ordinäre Steine angesagt. Das ist nicht besonders originell, sagt ihr? Abwarten…
»Triptych« gibt’s schon ziemlich lange, auch für den Mac. Bisher war das Spiel jedoch den Nutzern des klassischen Mac OS vorbehalten. Leider bekleckerten sich Chronic Logic mit dieser Version des Spiels nicht mit Ruhm, war sie doch sehr fehlerbehaftet. So ist es nur konsequent, mit dem Erscheinen der nun aktuellen Version, 1.17, die klassische Version gänzlich aus dem Produktportfolio zu streichen und »Triptych« nur noch für Mac OS X zu verkaufen. Ähnlich konsequent wollen wir sein: Vergessen wir die dahin geschluderte Classic-Version. Werfen wir unseren Blick stattdessen ausschließlich auf die brandneue Version für Apples modernes Betriebssystem.
Wie schon in Tetris fallen auch in »Triptych« Steine vom oberen Rand eines rechteckigen Spielfeldes nach unten. Die Steine sind immer zu Dreiergruppen gekuppelt, wobei Farbkombinationen und Form der Gruppe variieren. Eure Aufgabe besteht darin, mindestens drei Steine gleicher Farbe beisammen zu bringen. Ist dies geschafft, verschwinden sie vom Spielfeld und machen Platz für nachfallende Steine. Gekuppelte Steine können sich dabei voneinander trennen und purzeln fortan einzeln durch das Spielfeld. So werden teils beachtliche Kettenreaktionen möglich, die das Spielfeld in kürzester Zeit leerfegen und euren Punktestand nach oben schnellen lassen können.
Das Spiel bietet zwei Spielmodi. Modus Nummer eins nennt sich »Normal« und bietet genau das, was sein Name vermuten lässt: Einen normalen Spielablauf ohne größere Überraschungen. Wie oben beschrieben. Der zweite Modus, »Ultra«, bereichert das Game um einige neue Steintypen, die den Spielverlauf etwas aufpeppen. Transparente, farblose Blöcke nehmen die Farbe des Blocks ein, den sie zuerst berühren. Danach lassen sie lassen jeden weiteren Block gleicher Farbe bei Berührung vom Spielfeld verschwinden. Übergroße, farbige Blöcke lassen jeden Block gleicher Farbe vom Spielfeld verschwinden. Braune Blöcke multiplizieren den Bonus, der euch für das Auslöschen der Steine gutgeschrieben wird.
Abgesehen von den Spielmodi, unterscheidet sich »Triptych« in einigen weiteren wesentlichen Punkten von anderen Genrevertretern: Zum Ersten ist eure Kontrolle über den gerade fallenden Stein zeitlich limitiert. Ist das Zeitlimit abgelaufen, wird ein neuer Stein ins Spiel gebracht und der alte fällt, Richtung und Rotationsgeschwindigkeit beibehaltend, ins Spielfeld hinab. Außerdem könnt ihr den Stein innerhalb des Zeitlimits nicht nur nach unten, links oder rechts, sondern auch nach oben bewegen. Zum Zweiten sind Blöcke, die bereits auf dem Boden abgelegt sind, keineswegs an Ort und Stelle fixiert. Stellt ihr euch geschickt an, ist es durchaus möglich, die auf dem Boden liegenden Klötze mit Hilfe des gerade aktiven Bausteins in der Position zu verändern. Die Blöcke an sich verhalten sich weniger wie solide Betonbrocken, sondern mehr wie ein Flummi im Wasserglas. Treffen sie bei hoher Geschwindigkeit auf den Boden auf, prallen sie davon ab und schweben für kurze Zeit noch einmal durch die Luft. Bereits auf dem Grund liegende Blöcke werden durch das Gewicht eines sich auf sie legenden Blockes zusammengestaucht. Sie expandieren jedoch wieder und heben dabei sich selbst und den auf ihnen liegenden Block kurz an. Das Ganze wirkt physikalisch sehr plausibel und exakt – kein Wunder, werkelt in diesem Spiel die bereits aus anderen Chronic Logic-Spielen bekannte Physik-Engine.
Wer nun meint, bei einem derartigen Gewusel im Spielfeld sei es kaum noch möglich, Kettenreaktionen zu planen, hat damit nicht ganz unrecht. Gepflegtes Knobeln sieht anders aus. Tatsächlich habe ich »Triptych« mehr als Reaktions- und Geschicklichkeitsspiel denn als Puzzlegame kennen gelernt. Ein gewisser Knobelanteil ist nicht zu leugnen, jedoch liegt der Schwerpunkt des Spiels woanders. Kettenreaktionen ergeben sich meist aus Zufall und weniger durch vorausdenkendes Spiel. Dafür ist der Kampf mit oder gegen die Physik sehr reizvoll – er macht den eigentlichen Charme des Spiels aus. Es ist ein ungeheurer Spaß, herabfallende Steinreihen mit solcher Wucht aufprallen zu lassen, das bereits liegende Blöcke wieder empor geschleudert werden – und damit darunter liegende, vorher unerreichbare Blöcke freigeben. Oder liegende Steine mit dem gerade fallenden Block – manchmal auch unter Anwendung roher Gewalt – so zu verschieben, dass sich die gewünschte Dreierreihe gleicher Farben ergibt. »Triptych« lebt von seiner Physik-Engine. »Triptych« lebt durch seine Physik-Engine.
Und das ist auch gut so, denn sonst hat das Spiel nicht viel zu bieten: Die Grafik ist durchschnittlich. Immerhin ermöglicht sie durch eindeutige Farbgebung der Steine ein problemloses Spiel. Die Frage nach der Qualität der Musik stellt sich bei »Triptych« erst gar nicht: Ein Soundtrack existiert nicht. Das ist ungünstig, denn so gehen die wenigen, dafür allerdings umso wuchtigeren Soundeffekte wahnsinnig schnell auf die Nerven. Einen kleinen Dämpfer gibt’s auch im Gameplay zu vermelden: Steigt ihr einen Level auf, legt das Spiel eine kurze Zwangspause ein, die den Spielfluss erheblich stört.
Fazit:
»Triptych« ist die Antwort auf die Frage, was von einem Klassiker wie »Tetris« übrig bleibt, nachdem man den Knobelanteil in weiten Teilen reduziert und die entstehenden Leerräume mit einer fetten Physik-Engine aufgefüllt hat. Das Spiel macht zunächst großen Spaß. Sobald man versucht, jenseits der Physik-Engine spielerischen Tiefgang zu entdecken, wird man sich schwer tun. Im Prinzip ist »Triptych« ein Blender. Ein ziemlich guter allerdings.
Christian Schramm
Verfügbarkeit
Zu haben ist das Produkt bei Chronic Logic.
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