World of Warcraft: Der Brennende Kreuzzug

Zwei Jahre ist es her, dass tausende Menschenkrieger, Nachtelfenschurkinnen, Zwergenpriester, Taurendruiden, Untote-Hexenmeister und Trollschamanen begannen, den Kontinent Azeroth zu erkunden. Zahllose Schlachten wurden geschlagen und unzählbare Gefahren von letztlich über acht Millionen Spielern überwunden. Die Rede ist natürlich von „World of Warcraft„, dem bis dato erfolgreichsten Online-Rollenspiel, das es gibt. In diesen zwei Jahren wurde viel am Spiel verbessert und es kam eine Menge neuer Inhalte dazu, über die teilweise auch sehr kontrovers diskutiert wurde. Vor wenigen Wochen ist nun das Addon „The Burning Crusade“ erschienen. Entdeckt also zusammen mit mir den neuen Kontinent, die Scherbenwelt!

Die Installation des Addons von den vier Hybrid-CDs verläuft problemlos: Zu Beginn der Installation wird man nach seinen Account-Daten und dem CD-Key von „The Burning Crusade“ gefragt. Dadurch, dass sich nicht jeder Spieler auf der Webseite einloggen musste, blieb auch die befürchtete Downtime des Login-Servers aus. Wer sich an den 11. Februar 2005 – dem Veröffentlichungstermin von „World of Warcraft“ – erinnert, der weiß vielleicht noch, dass ab 16 Uhr auf der Webseite gar nichts mehr ging. Aber mit dem Addon macht Blizzard diesmal alles richtig, und ohne Wartezeiten kann das Vergnügen beginnen. Sogar die meisten Server laufen überwiegend stabil, nur zu Stoßzeiten kommt es zu Login-Problemen, wenn viele Spieler gleichzeitig in die neue Welt eintauchen wollen. Aber nun dazu, was „The Burning Crusade“ alles Neues bietet.

Zunächst einmal gibt es für die Horde und die Allianz jeweils eine neue Rasse und eine neue Klasse. Die Draenai auf Seiten der Allianz bringen die Schamanen mit, die Blutelfen auf Seiten der Horde können Paladine werden. Warum Blizzard diesen letzten Unterschied zwischen den Fraktionen aufgelöst hat, kann ich mir nicht erklären; ich fand die Situation, so wie sie war, eigentlich ganz okay. Beide Völker haben ein neues Startgebiet und ein nachfolgendes Gebiet bis etwa Level 20, danach geht es in den bereits bekannten Gebieten weiter. Da man aber in diesem Bereich noch sehr schnell aufsteigt, ist man den neuen Gebieten recht schnell entwachsen und muss wieder die bereits hundert Mal besuchten Gebiete besuchen. Das führt dazu, dass es eine recht hohe Population von Draenai-Schamanen und Blutelfen-Paladinen im Bereich 15-25 gibt, bevor die Spieler dann zunächst ihren Charakter auf Level 60 weiter gespielt haben.

Die Scherbenwelt ist ein kompletter Kontinent, den man durch das Betreten des Dunklen Portals in den Verwüsteten Landen erreicht. Auf der anderen Seite erwarten den Spieler wieder verschiedene Zonen, wie man sie aus der alten Spielwelt kennt. Man beginnt auf der Höllenfeuerhalbinsel, die sich optisch an die Verwüsteten Lande anlehnt und vorwiegend von dämonischen Wesen und Höllenfeuerorks bewohnt wird. Die Zangarmarschen präsentieren sich sehr außerirdisch, mit gigantischen Pilzgewächsen und merkwürdiger Flora und Fauna. Hier haben sich die verschiedensten Fraktionen niedergelassen und betreiben Forschungen. Die Wälder von Terokkar bieten schattige Waldgebiete als auch karge Wüstenabschnitte. Die Ruinen von Auchindoun, in der man viele Instanzen findet, erinnert vom Setting her ein wenig an „Mad Max“. Rund um die zerstörte Arena kämpft die Horde und die Allianz gegen untote Draenai – dies sind verfluchte Draenai, die nicht ins Licht gehen können. Die weiten Ebenen von Nagrand bieten dagegen eine freundliche Graslandschaft, ähnlich Mulgore, der Heimat der Tauren.

Die neuen Gebiete wären natürlich nur halb so interessant, wenn es nicht auch wieder zahllose Aufgaben zu erledigen gäbe. Die Level-Obergrenze wurde von 60 auf 70 angehoben, mit dem Versprechen dass man von 60 auf 70 genauso lange brauchen würde wie von 1 auf 60. Zumindest dieser Behauptung will ich widersprechen: Man steigt sehr schnell in der Scherbenwelt auf, hauptsächlich weil man sehr viele Erfahrungspunkte beim Abgeben von Aufgaben bekommt. Persönlich finde ich es sehr schade, dass die ersten Spieler meines Realms bereits nach zwei oder drei Tagen Level 70 erreicht hatten – da hätte ich mir etwas mehr vorgestellt. Zum Glück kann jeder in seinem Tempo das Spiel erleben und wird nicht gezwungen, durch die neue Welt zu hetzen. Mit den neuen Gebieten und den neuen Quests gibt es auch neue Fraktionen im Spiel, bei denen man sich gegen Gold und entsprechenden Reputation Rezepte und Ausrüstung kaufen kann. Den Ruf bei einer Fraktion zu steigern war in der alten Welt ein leidiges Thema und vor allem viel lästige Arbeit – das hat sich geändert. Der Ruf bei den neuen Fraktionen steigt sehr schnell, und auch in der alten Welt wurde der Ruf überarbeitet, insgesamt ist der Status „Ehrfürchtig“ jetzt deutlich weniger aufwändig zu erreichen. Die Vielzahl der Fraktionen macht das Ganze natürlich trotzdem zu einer Aufgabe epischen Ausmaßes.

Ganz neu ist die Idee, dass man sich in der Hauptstadt der Scherbenwelt Shattrath zwischen zwei Fraktionen entscheiden muss. Die Aldor und die Seher sind beide in der Stadt vertreten und bieten unterschiedliche Ausrüstung und Rezepte an. Welche Fraktion was bietet, erfährt man bei den Rüstmeistern der Fraktion, dann beginnt die schwere Entscheidung. Für jeden gewonnen Ruf bei der einen Fraktion, wird bei der anderen Fraktion Ruf abgezogen. Ich finde diesen Weg durchaus begrüßenswert, führt er doch zu ein wenig mehr Individualismus und erlaubt es mir, mit einem anderen Charakter nochmal einen neuen Weg zu entdecken. Neben der Möglichkeit Ausrüstung zu kaufen und herzustellen, findet man natürlich auch bei seinen Gegnern neue Gegenstände. Und diese sind sehr stark, vor allem die Gegenstände aus den Instanzen der Höllenfeuerhalbinsel, die teilweise T2-Ausrüstungsteile übertreffen können. Hier wird mit wenigen Quests und guten Instanzen die Basis geschaffen, dass jeder Charakter schnell Ausrüstung findet, um in der Scherbenwelt zu bestehen. Die Schlachtzug-Spieler fragen sich natürlich berechtigt, welchen Wert es hatte, für ein paar Gegenstände monatelang in den Pechschwingenhort zu gehen oder Naxxramas zu erforschen, wenn man jetzt fast gleichwertige Gegenstände beinahe geschenkt bekommt. Aber das ist wohl der übliche Lauf bei Online-Rollenspielen.

Mit „The Burning Crusade“ wird auch das Konzept der Instanzen geändert. Ab jetzt sind immer mehrere Instanzen zu Gruppen zusammengefasst, ähnlich dem Schwarzfeld. In unmittelbarer Nähe zueinander findet man also eine Instanz für den Bereich 60 bis 63, daneben eine Instanz für 64-66 und dann meist noch zwei Instanzen für zehn oder 25 Spieler ab Level 70. Dadurch entwickeln sich mehr echte Aufgabenfolgen, die den Spieler Schritt für Schritt durch alle Instanzen führen. Und für die Spieler, die abends nur mal eben für eine Stunde abtauchen wollen, sind auch die Spielzeiten dieser Instanzen geeignet. Das Bollwerk und der Blutkessel liegen auf der Höllenfeuerhalbinsel und lassen sich jeweils in etwa einer Stunde durchspielen. Die Raid-Instanzen sind natürlich aufwändiger, für den Zugang zur letzten Instanz der Höhlen der Zeit muss man zuvor sogar eine epische Questreihe bestehen, die einen quer durch die Scherbenwelt führt und bei der man für mehrere Fraktionen Ruf sammeln muss.

Nicht unerwähnt soll der neue Beruf des Juwelenschleifers bleiben, der Ringe, Halsketten und Edelsteine herstellen kann. Damit ist auch diese Lücke gefüllt worden. Es können mit diesem Beruf ganz brauchbare Dinge hergestellt werden, gerade im unteren Levelbereich gab es nur sehr wenige vernünftige Ringe und Halsketten, die zudem erst einmal droppen mussten. Einige Spieler gingen sogar soweit, entsprechende Materialien vor Erscheinen des Addons zu horten, um Juwelenschleifen jetzt schon auf einen Wert von über 300 zu haben. Natürlich gibt es auch für die anderen Berufe viele neue Muster und Rezepte, die teilweise die logischen Folgerungen sind, zum Beispiel der Erstklassige Mana- oder Heiltrank bei den Alchemisten. Schmiede, Schneider und Lederverarbeiter können zahllose neue Gegenstände herstellen, darunter auch Verzauberungen, ähnlich der Verzauberungen aus Zul’Gurub. So ist es möglich, mit magischen Fäden vorhandene Hosen stark zu verbessern.

Die größten Änderungen im PvP gab es bereits vor dem Addon. Die Ränge wurden abgeschafft, stattdessen kann man sich für die gewonnen Ehre direkt Items kaufen. So geschah es, dass vor Weihnachten jeder Spieler mit genug Zeit schnell sein PvP-Set samt der ehemaligen Rang 14 Waffe zusammen hatte. Ziel Blizzards war es wohl, die Spieler ausrüstungstechnisch auf das kommende Addon vorzubereiten. Im Nachhinein war das aber gar nicht nötig. Mit „The Burning Crusade“ gibt es nur ein neues Schlachtfeld, das Auge des Sturmes. Hinzu kommen noch die Arenen, in denen man gegen die eigene Fraktion antritt. Blizzard versucht so, der extremen Schieflage der Serverpopulation entgegen zu kommen. Dadurch, dass auf jeden Hordenspieler bis zu vier Allianzspieler kommen, sind die Wartezeiten für die Schlachtfelder sehr demotivierend (Horde meist wenige Minuten, Allianz gerne schon mal ein oder zwei Stunden).

Insgesamt ist es natürlich schwer, ein Spiel wie „World of Warcraft“ und nun das Addon „The Burning Crusade“ in seiner gesamten Tiefe zu testen. Während ich diesen Bericht schreibe, spiele ich mit meinem Nachtelfen Druiden, der Level 66 erreicht hat. Weitere Erfahrungen hab ich mit einer Menschen Magierin gemacht, die auf Level 61 noch die Höllenfeuerhalbinsel erkundet. Das Spiel empfindet jeder Spieler anders, das mag am Spielverhalten liegen, an der gewählten Klasse und deren Talentverteilung, aber auch Spielerumfeld wie Gilde oder Raid-Gilde. Das Entdecken der neuen Welt hat mir bis jetzt sehr viel Spaß gemacht, das schnellere Ruf-System finde ich gut. Die Quests sind zwar noch immer „Sammle X davon oder töte Y von denen“, können aber dennoch motivieren. Was bleibt, ist der etwas schale Nachgeschmack, dass die ganze Geschichte irgendwie zu schnell geht und einem die Frage auf der Zunge liegt: Wann kommt das nächste Addon? Wann kann ich Level 80 erreichen? Doch die neuen Highend-Raid-Instanzen werden mich sicherlich noch einige Wochen aufhalten, sodass diese Fragen wahrscheinlich erst Mitte des Jahres wirklich präsent werden. Auch die Aussicht auf mein fliegendes Reittier mit Level 70 hält mich im Rennen.

Die neuen Gebiete und Gegenstände sind optisch etwas aufpoliert worden, dennoch ist die Grafik allenfalls Durchschnitt und nicht mit einem Ego-Shooter zu vergleichen. Warum es dennoch eine so eine hohe Wertung in diesem Bereich gibt, ist die Liebe zum Detail. Die Landschaften sind sehr fantasievoll gestaltet und in sich stimmig, die neuen Gegner sehen interessant und neuartig aus. Durch den Einsatz von Shadern hat Blizzard außerdem versucht, möglichst viele Highlights zu setzen. Das sieht man vor allem in den neuen Startgebieten mit den prachtvollen Blutelfen-Gebäuden oder dem abgestürzten Raumschiff Exodar auf Allianz-Seite. Natürlich gilt das auch für die Scherbenwelt – hier sehen die Zangarmarschen und Nagrand besonders schön aus.

Die Systemvoraussetzungen haben sich im Gegensatz zum Hauptspiel nach oben verändert: RAM kann „The Burning Crusade“ nicht genug haben. In den Städten sind bei vielen Spielern schon deutliche Ruckler zu merken. Und die extreme Weitsicht hat auch ihren Preis, weswegen man hier nicht das Maximum einstellen sollte. Insgesamt läuft die Erweiterung auf einem MacBook Pro mit 1.8 GHz und 1.5 GB RAM recht gut. Die Option Multithreading-OpenGL einzuschalten bringt zudem eine teilweise erheblich bessere Framerate, je nach Gebiet zwischen zwei und 15 Bildern pro Sekunden mehr.

Auch der Sound hat einiges zu bieten, in den Instanzen wurde doch einiges mehr an gesprochenem Text hinterlegt, was der Stimmung zugute kommt. Wie sich die Flora und Fauna anhört, geht für den typischen Teamspieler meist im Teamspeak oder Ventrilo ein wenig unter. Viele der Geräusche, die man überall hört, sind allerdings aus der alten Welt übernommen worden – verständlich, denn ein Wolf bleibt ja ein Wolf. Nur die neuen Lebewesen haben auch neue Sounds bekommen. Großes Lob verdient wieder einmal der Soundtrack, der gut zu den jeweiligen Gebieten passt und die tolle Atmosphäre komplettiert.

Zum Intro muss ich wohl weiter nicht viel sagen – eben typisch Blizzard. Verdammt gut gerendert, verdammt gut geschnitten und durchaus wert, mehrmals angesehen zu werden. Ich warte immer noch auf den ersten Kinofilm von Blizzard, über den man laut offiziellen Forum ja sogar nachdenkt.

Fazit:

Der Test eines Online-Spiels ist immer eine schwierige Sache. Zum einen sind die Spiele auf eine sehr lange Spieldauer angelegt und bieten zahllose Optionen, wie man spielt, weswegen es unmöglich ist in einer akzeptablen Zeit solch ein Spiel „durchzuspielen“. Dann schwankt das Spielgefühl noch zwischen den verfügbaren Servern und hängt stark von den Mitspielern ab – man nehme nur PvP- und PvE-Server als Beispiel. Zu diesem Zeitpunkt konnte mich „The Burning Crusade“ restlos begeistern, das Spielen macht wieder sehr viel Spaß. Der Entdecker in mir kommt wieder hervor und das Syndrom „Nur noch diese Quest“ tritt wieder auf. Eben wie in alten Zeiten, damals, als „World of Warcraft“ erst wenige Wochen alt war. Das Addon ist jedem WoW-Spieler bedingungslos zu empfehlen.

Felix Gelpke

Verfügbarkeit

Zu haben ist das Produkt im macinplay-Shop.

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