Gaming-Berichterstattung-Fail des Tages: w&v

Die Marketing-Fachzeitschrift »Werben & Verkaufen« (»w&v«) berichtet über alles, was am Werbemarkt so passiert und hat einen ausgesprochen guten Ruf in Fachkreisen. Doch was sich Redakteurin Anja Janotta in ihrem unter der Rubrik »Kreation des Tages« erschienen Artikel zur mobilen Konsole »Playstation Vita« leistet, ist nicht nur tendenziös, sondern in seiner Gänze ziemlich peinlich. Wir erklären den Bericht daher zum Gaming-Berichterstattungs-Fail des Tages.

Der Titel des Artikels klang interessant: »Playstation Vita: Feuer aus dem Schützengraben«, darum habe ich ihn überhaupt entdeckt – sonst interessiert mich die Playstation nicht die Bohne. Zunächst einmal beschreibt sie den Spot der »Playstation Vita« an sich und was dort insgesamt passiert. Zumindest versucht sie es, denn schon der erste Satz entlarvt den Rest des Artikels als von falschen Grundlagen ausgegangen:

Zugegeben, der Spot ist schon angelaufen, aber so ist es nun mal mit derlei Baller-Spielen: Sie machen erst richtig agressiv, wenn man ihnen dauerhaft und mehrfach ausgesetzt ist.

Okay, bilden wir uns erst einmal eine eigene Meinung und schauen uns den Spot bei YouTube an:

»Derlei Ballerspiele«? Es geht doch um die »Playstation Vita«, nicht um ein konkretes Ballerspiel. Oder verpasse ich irgendwas im Spot?

Darauf folgt dann ein Wort, das mich total irritiert: Infiltration. Die Infiltration fange eigentlich ziemlich harmlos an, meint Frau Janotta. Infiltration hat mehrere Bedeutungen, unter anderem eine militärische, eine medizinische oder eine klimatechnische (siehe Wikipedia), aber keine einzige Bedeutung, die in diesem Zusammenhang einen Sinn ergäbe.

Meint Frau Janotta vielleicht Indoktrination, also die gezielte Manipulation der Empfänger, auch Propaganda genannt? Das bleibt offen. Propaganda übrigens – vom lateinischen Verb propagere (deutsch verbreiten) – war der übliche Begriff für Werbung, bevor er von totalitären Staaten wie dem Dritten Reich für sich vereinnahmt wurde. (Im Dritten Reich gab es ein Ministerium für Volksaufklärung und Propaganda. Sein Minister war der Bock von Babelsberg, Dr. Joseph Goebbels.) Nach dem Dritten Reich wandelte sich der nun negativ besetzte Begriff zu Reklame, und heute sagt man eben Werbung, demnächst vermutlich Spam. Egal wie man es nennt: Werbung soll immer indoktrinieren, denn sonst funktioniert sie nicht und der Werbende würde sein Geld zum Fenster rausschmeißen. Und würde Werbung nicht funktionieren, hätten Blätter wie die w&v übrigens keine Existenzberechtigung.

Doch zurück zum Gaming-Berichterstattungs-Fail des Tages. »Ein paar weitere sympathische Game-Nerds« lebten an der »Vita« ihre »geheimen Träume« aus, nämlich Boxen, Profikicken und Expeditionen. Was immer Frau Janotta mit »Expeditionen« meint – vielleicht Rollenspiele? Adventures? Keine Ahnung, denn man erkennt es im Spot auch nicht richtig. Denn: Es wird kein konkretes Spiel beworben. In jedem Fall outet sich Frau Janotta nicht gerade als Gaming-Expertin.

Abschließend folgt dann die übliche Kakaphonie, die Spielern gerne mal entgegen dröhnt: Die Zielgruppe der »Playstation Vita« sei männlich, jung und wolle sich »gerne auch mal brutal« im Wettkampf messen. Doch SONY, »und das ist das Gefährliche«, so Frau Janotta, gebe das Alter der Zielgruppe zwischen 12 und 29 Jahren an. Huch! Kinder im Alter von 12 Jahren sollen spielen dürfen? »Zumindest bei den Unter-18-Jährigen haben diese gewaltverherrlichenden Spiele nichts verloren und nicht umsonst gibt es dafür Alters-Ratings.« Stimmt, jedoch wird kein konkretes Spiel beworben, sondern die Konsole an sich, mit der alle möglichen Spiele gespielt werden können – auch Hello Kitty-Games, wenn es sein muss. Frau Janotta aber will hier den Bock zum Gärtner machen, indem sie das Medium verteufelt, um den transportierten Inhalt zu kritisieren. Das ist ebenso weltfremd wie angesichts der Möglichkeit, dass auf Papier schmuddelige und frauenverachtende Pornoheftchen oder die Intelligenz beleidigende Machwerke wie Arztromane oder gar gefährliche Hetze wie die BILD-Zeitung gedruckt werden können (und werden) unbedrucktes Offset-Papier mit Altersfreigaben versehen lassen zu wollen.

Der Artikel endet dann natürlich mit der moralischen Keule: »Schade, dass angesichts von jüngsten Schulunglücken und einer erst gestern gemeldeten Schießerei an einer US-Highschool diese [Altersfreigaben] nicht bei diesem Spot greifen.« Genau. Denke ich mir jeden Abend bei der Tagesschau auch. Mit dem Unterschied, dass all die Grausamkeiten, die in der Tagesschau gezeigt werden, echt sind – und dass auch 12-Jährige diesen Unterschied begreifen.

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